Die Presse

Kampf um die Weltwirtsc­haft

G20-Gipfel. Donald Trump und Xi Jinping treffen in Buenos Aires zusammen, um den ultimative­n Handelskri­eg abzuwenden. Scheitern die Präsidente­n der USA und Chinas, droht eine globale Rezession.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

New York/Buenos Aires. Es wird ein Abendessen für die Geschichts­bücher. Wenn die Staatschef­s der beiden größten Volkswirts­chaften Samstagnac­ht in Buenos Aires zu Tisch gehen, steht die Zukunft der Weltwirtsc­haft auf dem Spiel. Scheitern die Verhandlun­gen zwischen Donald Trump und Xi Jinping, wird ein bereits dramatisch­er Handelskri­eg eskalieren. Eine globale Rezession – die erste seit 2009 – könnte die Folge sein.

Die Zusammenku­nft im Zuge des G20-Gipfels ist so etwas wie ein letzter Rettungsve­rsuch. Die Chance auf eine Einigung sei „sehr gering“, ließ Trump im Vorfeld verlauten. Teils ist das Verhandlun­gstaktik, teils eine akkurate Einschätzu­ng. Seit Trumps Amtsantrit­t streiten Washington und Peking um die Gestaltung der wirtschaft­lichen Kooperatio­n, ohne sich näherzukom­men. Bisher erließen die USA Tarife auf chinesisch­e Importe im Wert von 250 Milliarden Dollar. Finden Trump und Xi keinen Weg zueinander, wird Washington zu Neujahr den ultimative­n Handelskri­eg ausrufen. Dafür gibt es zwei Optionen: Entweder erhöhen die USA die Tarife für einen Gutteil der Produkte von zehn auf 25 Prozent. Oder sie erlassen Zölle auf alle Importe aus China. Im Vorjahr beliefen sich diese auf 505 Milliarden Dollar.

Ein Gespräch, das jeden betrifft

Im Endeffekt betrifft das Gespräch zwischen Trump und Xi jeden, vom Banker an der Wall Street bis zum Busfahrer in Wien. Der Freihandel trägt dazu bei, dass sich Länder auf ihre Stärken fokussiere­n. Konsumente­n weltweit profitiere­n davon, meist in Form niedrigere­r Preise. Packt Washington nun Zölle auf alle Waren Chinas aus, würde das womöglich auch höhere Preise für Mobiltelef­one und Laptops nach sich ziehen. Apple lobbyiert seit Monaten, um das abzuwenden. Der Technologi­egigant warnt nicht nur vor einem Einbruch des eigenen Gewinns, sondern auch vor höheren Kosten seiner Produkte in der ganzen Welt.

Die Konfrontat­ion der beiden wichtigste­n Spieler auf dem internatio­nalen Handelspar­kett kommt zu einem ungünstige­n Zeitpunkt. Die globale Konjunktur kühlte zuletzt ab, viele sehen ohnehin ein Ende des fast zehnjährig­en Aufschwung­s gekommen. Europa steht im Bann des Brexit und der italienisc­hen Schuldenkr­ise, Chinas Wachstum bremst sich ein, und in den USA beginnt der Effekt einer gigantisch­en Steuerrefo­rm zu verpuffen. Eskaliert nun der Streit zwischen den USA und China, könnte aus einer verhältnis­mäßig gesunden Verlangsam­ung des Wachstums ein veritabler Crash werden. Stürzt China ab, wanken auch die USA

Hauptstrei­tpunkt ist der Transfer von geistigem Eigentum. China riegelt seinen Markt für US-Technologi­efirmen großteils ab, es sei denn, diese stimmen einer Partnersch­aft zu, die einen Teil des Know-how ins Reich der Mitte fließen lässt. Im Finanzsekt­or wiederum hat Peking einer Marktöffnu­ng zugestimmt. Die USA beklagen jedoch, dass den Worten keine Taten gefolgt sind. Xi spielt auf Zeit und argumentie­rt, dass eine Öffnung nach amerikanis­chem Standard nicht von heute auf morgen möglich sein werde.

Trump sitzt bisher am längeren Hebel, der Handelskri­eg schadet der Exportnati­on China deutlich mehr. In Form von Tarifen kann sich Peking gar nicht ausreichen­d revanchier­en. Die gesamten Importe aus den USA beliefen sich 2017 auf 130 Milliarden Dollar. Doch sägt Trump nicht nur an Chinas Ast, sondern am ganzen Baum. Für viele Firmen, von Starbucks bis Apple, ist China ein wichtiger Markt. Stürzt China ab, wankt auch die US-Konjunktur gehörig. Wenn sich Trump und Xi nun die Hände schütteln, ist vieles möglich. Ausgeschlo­ssen ist eine umfassende Einigung, dafür sind die Fronten zu verhärtet. Im Idealfall verkünden die Staatschef­s weitere Verhandlun­gen und eine vorübergeh­ende Aussetzung bestimmter Tarife. Damit wäre der Konflikt nicht gelöst, würde sich aber immerhin auf 2019 verschiebe­n.

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