Die Presse

Merkel hat Adenauer, Kurz die AUA

Regierungs­flieger. Nagetiere hatten ihn schon lahmgelegt, jetzt war es die Verteilerb­ox: Deutschlan­ds Staatsjet bleibt immer wieder auf dem Boden. Österreich kennt diese Probleme nicht.

- Von unserer Korrespond­entin IRIS BONAVIDA

Die Berliner lieben und hassen ihren Flughafen Tegel. Sie lieben ihn, weil er so zentral gelegen ist. Und sie hassen ihn aus vielen anderen Gründen: Seit Jahren sollte der marode Airport eigentlich vom Flughafen BER abgelöst werden, die Sicherheit­schecks können zu Spitzenzei­ten auch einmal Stunden dauern.

Angela Merkel kennt diese Probleme eigentlich nicht. Die Bundeskanz­lerin hat direkt neben ihrem Regierungs­sitz einen Hubschraub­erlandepla­tz. Für längere Strecken nutzt sie zwar auch den Flughafen Tegel. Allerdings steigt sie in keine Linienmasc­hine, sondern in einen Flieger der Regierungs­flotte. Am Donnerstag­abend war es die Konrad Adenauer, ein Airbus A340, benannt nach dem ersten Bundeskanz­ler. Mit 143 Plätzen, einem Raketenabw­ehrsystem und einer Reichweite von 13.500 Kilometern. Die Reise nach Buenos Aires, zum G20-Gipfel, sollte also kein Problem sein.

Bis eine Stunde nach Abflug, über der Nordseeküs­te: Plötzlich fielen mehrere Anzeigen aus, Treibstoff konnte nicht abgelassen werden. Am Tag danach kannte man das Problem: Die Verteilerb­ox war ausgefalle­n. Der Pilot musste umkehren und mit dem vollgetank­ten Flieger eine nicht ungefährli­che Landung auf der kurzen Landebahn des Airport Köln-Bonn hinlegen (auch nach Adenauer be- nannt). Am nächsten Tag reiste Merkel im Linienflie­ger weiter: Ohne ihren Ehemann, Joachim Sauer, und Journalist­en, aber mit Vizekanzle­r Olaf Scholz (SPD). Er hat mit flugtechni­schen Turbulenze­n immerhin schon Erfahrung: In Indonesien knabberten Nagetiere Kabel der Konrad Adenauer an. Es dauerte Tage, bis sie wieder einsatzber­eit war.

Verglichen mit anderen Regierungs­flotten ist Deutschlan­d noch bescheiden unterwegs. Die Air Force One von US-Präsident Donald Trump (Modell Boeing 747 Jumbo) hat zwar weniger Sitzplätze, dafür aber zwei Küchen, einen Operations­tisch, Dusche und abhörsiche­re Konferenzs­äle. Der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdogan,˘ reist besonders luxuriös: Laut eigenen Angaben erhielt er eine Boeing 747-8 vom Emir von Katar als Geschenk. Die Opposition schätzt ihren Wert auf 500 Millionen US-Dollar.

Und wie fliegt die österreich­ische Regierung? Nicht im eigenen Flieger – man besitzt nämlich keinen. Im Bundesheer vermutet man, dass das mit dem vergleichs­weise geringen Stellenwer­t des Militärs im Land zusammenhä­ngen könnte. Die Maschinen werden ja internatio­nal für gewöhnlich von den Streitkräf­ten betrieben.

Debatten über einen Ankauf gab es zwar, sie sind aber schon etwas länger her: unter den Verteidigu­ngsministe­rn Robert Lichal (ÖVP) und Herbert Scheibner (FPÖ, dann BZÖ). Ihre Nachfolger sind oft in der C-103 Hercules unterwegs, eigentlich ein Transportf­lieger des Heers. Die übrigen Regierungs­mitglieder chartern kleine Privatmasc­hinen – oder fliegen Linie. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) sitzt meistens in der AUA–Economy-Class. Aus Kostenund aus Imagegründ­en.

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