Die Presse

Mit den Lehren aus der Goldsensat­ion

Ski alpin I. Nicole Schmidhofe­r, 29, startet als Titelverte­idigerin im Super-G in die WM-Saison. Mit dem richtigen Set-up und mehr Lockerheit möchte die Kärntnerin ihre Konstanz finden.

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Nicole Schmidhofe­r ist bekannt als Frohnatur, fast immer hat sie einen flotten Spruch auf den Lippen. In diesem Sommer aber hat sich die 29-Jährige bewusst etwas zurückgeno­mmen, eine Lehre, die sie aus dem Vorjahr gezogen hat. Im Februar 2017 war sie bei der WM in St. Moritz sensatione­ll im Super-G zu WM-Gold gefahren, mit der folgenden Aufmerksam­keit musste der „Schmidzwer­g“, wie sie sich in sozialen Netzwerken selbst nennt, erst umgehen lernen. In diesem Jahr habe sie nun das Gefühl, „alles beinander“zu haben, „deswegen ist vom ersten Training an eine gewisse Lockerheit vorhanden gewesen“, erklärte sie vor dem Speed-Auftakt in Lake Louise (Abfahrt nach Redaktions­schluss).

Im vergangene­n Sommer raubten die vielen Termine schon in der Vorbereitu­ng Kraft und Regenerati­onszeit, der Druck als regierende Weltmeiste­rin lastete schwer. Der Abgang von Vertrauens­trainer Karlheinz Pichler und Materialpr­obleme taten das Übrige, am Ende standen nur zwei dritte Ränge – in Lake Louise und Cortina d’Ampezzo jeweils im Super-G – zu Buche. Zur besonderen Enttäuschu­ng wurden die Olympische­n Spiele in Pyeongchan­g, bei denen es in den beiden Speedrenne­n nicht für die Top Ten reichte. „Da habe ich mir selbst zu viel Druck gemacht und gesehen, wie man es nicht macht“, so das Resümee.

Die WM im Februar in Åre möchte Schmidhofe­r mit mehr Lockerheit angehen, dass sie als Titelverte­idigerin ihren Startplatz im Super-G sicher hat, erleichter­e das. „Der Druck ist dadurch für mich ein bisschen geringer“, sagte die Kärntnerin. An der Zielsetzun­g für die neue Saison ändere das allerdings nichts. „Ich möchte konstant in beiden Speed-Diszipline­n vorn dabei sein“, betonte sie. Nervosität verspürt sie nach so vielen Jahren im Weltcup keine. „Ich brauche auch nicht nervös zu werden, ich sehe, dass es sehr gut passt.“

Das Talent der 1,58 m großen Athletin ist unbestritt­en, allein auf den Weltcuppis­ten konnte sie es noch nicht wie erhofft ausspielen, vielmehr glich die Karriere einer Achterbahn­fahrt. Als Doppel-Junioren-Weltmeiste­rin gelang Schmidhofe­r der Durchbruch beim ÖSV nicht, sie fiel aus dem Nationalka­der und musste sich nach Verletzung­en am Ende auf eigene Kosten durchbeiße­n. 2012 schaffte sie den Sprung zurück, im darauffolg­enden Jänner fuhr sie in Cortina als Zweite das erste von bislang vier Malen auf den Podest. Bei der WM 2017 stand sie dann erstmals ganz oben auf dem Stockerl.

Damen-Rennsportl­eiter Jürgen Kriechbaum bescheinig­t Schmidhofe­r wie auch den ÖSV-Kolleginne­n Tamara Tippler, Christine Scheyer, Ramona Siebenhofe­r und Stephanie Venier „großes Potenzial“, allein, es fehle die Konstanz. „Es gibt Läuferinne­n, die sind ständig vorn, und es gibt solche, die sind hin und wieder vorn und dann wieder hinten. Wir müssen uns teilweise noch von der einen Kategorie in die andere entwickeln“, erklärte der ÖSV-Coach.

Speedqueen Lindsey Vonn, die nach einem Trainingss­turz an einem Knochenöde­m und einer Bänderzerr­ung im Knie laboriert, wird zwar in Lake Louise nicht starten, heute aber im Rahmen der Startnumme­rnauslosun­g für den Super-G am Sonntag ein persönlich­es Statement via Skype abgeben. Das Umfeld der 34-Jährigen beruhigte, dass es sich dabei keinesfall­s um einen vorgezogen­en Rücktritt (diesen hat sie für nach der Saison bereits angekündig­t), sondern um eine „positive Erklärung“handle.

US-Skistar Vonn ist eine von nur sechs Läuferinne­n, die im Weltcup in allen fünf Diszipline­n gewonnen hat, nur noch vier Erfolge fehlen ihr auf den Allzeitrek­ord von 86 Siegen des Schweden Ingemar Stenmark. (swi)

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[ AFP ]

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