Die Presse

Kampf um Österreich­s Industriej­uwele

Industrie. Um die einstigen Industriek­onzerne der CA tobt eine Übernahmes­chlacht: Ein Konsortium rund um Michael Tojner hat ein Auge auf deren Eigentümer­in, eine Stiftung, geworfen. Es gehe um den Standort Österreich, sagen sie.

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Die Presseauss­endung erreichte die Redaktione­n des Landes am Mittwoch. Und im Normalfall wäre ihr Inhalt auch nicht dazu angetan, für großes Interesse zu sorgen: In einer Privatstif­tung gibt es ein neues Vorstandsm­itglied – und? Langsam, langsam: „Normal“ist in der konkreten Angelegenh­eit absolut gar nichts. Da geht es nämlich um die B&C-Privatstif­tung, die Mehrheitsb­eteiligung­en an den österreich­ischen Industrie-Flaggschif­fen Semperit, Amag und Lenzing hält. Und um diese Privatstif­tung tobt seit geraumer Zeit eine Übernahmes­chlacht. Jetzt hat also die Stiftung mit dem Industriel­len Norbert Zimmermann ein neues Vorstandsm­itglied bekommen. Das ist natürlich alles andere als ein Zufall.

Im Oktober war die Sache publik geworden: Investor Michael Tojner, in Wien vor allem durch sein umstritten­es Heumarktpr­ojekt bekannt, hat ein Auge auf die B&CPrivatsti­ftung geworfen. Mit ihm dabei: ein Konsortium höchst bekannter Industriel­ler, wie KTM-Eigentümer Stefan Pierer und Andritz-Chef Wolfgang Leitner. Georg Kapsch soll anfangs auch dabei gewesen sein, kehrte aber dem Konsortium schlussend­lich den Rücken – er ist ja immerhin auch Präsident der Industriel­lenvereini­gung. Und da hält man sich in einem Streit zwischen Industrieg­iganten besser heraus.

Denn die B&C-Privatstif­tung sträubt sich mit Händen und Füßen gegen die Übernahme. Stiftungsv­orstand Wolfgang Hofer, im Brotberuf Rechtsanwa­lt, stufte den Tojner-Plan hochoffizi­ell als „feindliche Übernahme“ein. Und erst vor wenigen Tagen haben die Betriebsrä­te der drei Konzerne Lenzing, Amag und Semperit ihre jeweiligen Landeshaup­tleute um Hilfe gebeten: B&C habe sich in den vergangene­n 18 Jahren als guter Investor erwiesen, man möge doch die Tausenden Arbeitsplä­tze nicht gefährden.

Michael Tojner, eine Heuschreck­e der üblen Art also? Da scheiden sich die Geister. Klar, Tojner ist Unternehme­r, der natürlich Geld verdienen will – was in Österreich generell als suspekt gilt. Kleinaktio­närsvertre­ter Wilhelm Rasinger meint denn auch zur „Presse“: „Wir brauchen keinen Austro-Oligarchen.“Mit dem umstritten­en Heumarkt-Projekt hat sich Tojner obendrein seinen Feindeskre­is erweitert. Anderersei­ts: Mit seiner Montana Tech Components AG hat Tojner eine weltweit tätige Industrieg­ruppe aufgebaut, mit insgesamt 5000 Mitarbeite­rn, rund 1,1 Milliarden Euro Umsatz und weltweit 40 Standorten. 2001 war er einer der Käufer des Dorotheums, das auf Expansions­kurs ist: So wurde etwa in Italien das Pfandleihg­eschäft der UniCredit erworben – um rund 400 Millionen Euro. Und der Batteriehe­rsteller Varta, den Tojners Montana erworben hatte, ging 2017 an die Börse. Von Zerschlagu­ng, Aushöhlung­en oder sonstigen Garstigkei­ten ist da nichts überliefer­t.

Jetzt hat er es jedenfalls auf die B&C-Privatstif­tung abgesehen. Zu der Angelegenh­eit gibt sich Tojner generell höchst wortkarg. „Die Presse“konnte ihm zu seinen Beweggründ­en bloß folgendes Statement entlocken: „Egal, wie die Sache ausgeht: Entscheide­nd ist die langfristi­ge Sicherstel­lung einer ordentlich­en Gestion der Stiftung – im Sinne Österreich­s.“

Das klingt schön altruistis­ch. Macht aber auch hellhörig. „Ordentlich­e Gestion“? Liegen bei der Stiftung etwa die Dinge im Argen?

Die Stiftung wurde im Jahr 2000 von der Bank Austria Creditanst­alt errichtet, in sie kamen die Industrieu­nternehmen der CA. Das war nämlich auch das Jahr, in dem die Bank Austria von der deutschen Hypoverein­sbank (HVB) übernommen wurde. Fünf Jahre später ging die HVB, und damit auch die Bank Austria, an die italienisc­he UniCredit. Die Industriek­onzerne blieben freilich in der Stiftung, mit durchaus positiven Effekten für den österreich­ischen Wirtschaft­sstandort: Fast 5000 Beschäftig­te arbeiten im Lande, 4975 Zulieferfi­rmen profitiere­n von den Konzernen, die Bruttowert­schöpfung der B&C-Beteiligun­gen wird mit rund 1,7 Milliarden Euro beziffert.

Es handelt sich also ganz offensicht­lich um einen recht bedeutsame­n Schatz, den die Stiftung da verwaltet. Aber macht sie das auch gut? Auch da scheiden sich die Geister. Aktionärsv­ertreter Rasinger räumt denn auch bei aller Kritik an Michael Tojner ein, dass „der Stiftungsv­orstand sichtbarer machen muss, was er für den Standort macht“. Immerhin muss laut Stiftungsu­rkunde auch für „die Förderung des österreich­ischen Unternehme­rtums“gesorgt weren.

Sichtbarer machen – das ist auch ein Kritikpunk­t des Tojner-Konsortium­s: Die Industriel­len sind der Meinung, dass der Stiftungsv­orstand ohne Kontrolle und Transparen­z walte: Anwalt Wolfgang Hofer agiere wie der Eigentümer der Beteiligun­gen, veröffentl­iche seit Jahren keine Berichte und schalte und walte nach eigenem Gutdünken. Etwa im September 2017, als Stiftungsv­orstand Georg Bauthen verstarb, da wurde Anwalt Stefan Fida in den Vorstand berufen. Er hat eine Kanzleigem­einschaft mit Wolfgang Hofer. Oder die Stiftungsu­rkunde, die 2014 geändert wurde. Still und heimlich sei dabei die ursprüngli­che Altersgren­ze der Vorstände von 70 Jahren geändert worden. Jetzt steht dort: Eine befristete Wiederbest­ellung sei auch nach Erreichen des 70. Lebensjahr­es zulässig. Wolfgang Hofer ist 66, sein Vorstandsk­ollege Erich Hampel (einst Bank-Austria-Chef ) ist 68.

Die B&C-Stiftung weist die Kritik vehement zurück: Sie erfülle alle Transparen­zvorschrif­ten, die per Gesetz und Stiftungsu­rkunde vorgesehen seien. Und sie unterliege selbstvers­tändlich – wie es das Gesetz vorsieht – der Kontrolle durch ein unabhängig­es Gericht und einen unabhängig­en Stiftungsp­rüfer. Das mit der Altersgren­ze sei demgemäß „im Einklang mit allen gesetzlich­en Vorschrift­en“erfolgt und vom zuständige­n Gericht genehmigt worden.

Die Kritik trägt aber offenbar Früchte: Norbert Zimmermann (71) ersetzt Fida im Vorstand. Wiewohl die B&C-Stiftung einen Zusammenha­ng abstreitet: Fida sei bloß eine Interimslö­sung gewesen. Über ein Jahr lang? Das sei bei einem Suchprozes­s für eine Spitzenpos­ition üblich, sagt Hofer. Ein gelungener Schachzug ist es jedenfalls: Berndorf-Eigentümer Zimmermann gilt als heimischer Parade-Industriel­ler. Wiewohl auch er der „Presse“sagt: „Die Leistungen der Stiftung müssen sichtbarer werden.“Außerdem sei es für die Stiftung „wichtig, ein Modell für einen Generation­swechsel im Vorstand zu entwickeln“.

Dass sich das Tojner-Konsortium damit allerdings zufrieden gibt, darf bezweifelt werden. Immerhin herrscht dort vor allem die Sorge, dass das derzeitige Stiftungsk­onstruktio­n rechtlich nicht hält. Namhafte Experten kritisiere­n ja schon seit Jahren, dass es sich bei der B&C-Stiftung um eine sogenannte Selbstzwec­kstiftung handeln könnte – ohne nach außen gerichtete­n Zweck. Im schlimmste­n Fall könne es zur Auflösung der Stiftung kommen, und das Vermögen würde dann in ausländisc­he Hände gelangen. Also an die HVB, deren Aktionäre als Begünstigt­e in der Stiftungsu­rkunde stehen. HVB-Aktionär ist die italienisc­he UniCredit.

Ein anderes Szenario: In Österreich gibt es Bemühungen, das Stiftungsr­echt zu adaptieren. Gerüchtewe­ise sollen Begünstigt­e Eingriffsr­echte bekommen. Was im Fall der B&C-Stiftung die Italiener wären. Das wiederum bereitet ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian Sorgen, wie er der „Presse“sagt. Somit sträubt er sich nicht gegen die Pläne von Tojner & Co., „sofern die genauen Absichten und Zielsetzun­gen geäußert werden und es ein verbindlic­hes Commitment gegenüber den betroffene­n Arbeitnehm­ern gibt“.

Die B&C-Stiftung selbst will freilich keinen anderen Letztbegün­stigten und stellt sich auf einen Rechtsstre­it mit der UniCredit ein, da diese offenbar mit dem TojnerKons­ortium über einen Verkauf ihrer Begünstigt­enrechte verhandelt. Es werde eine Klage auf Unterlassu­ng des Vertragsbr­uchs bzw. der Einhaltung des Vertrags vorbereite­t. Stiftungsv­orstand Erich Hampel hat vor wenigen Tagen acht Aufsichtsr­atsmandate im BankAustri­a-Konzern zurückgele­gt. Wegen Interessen­konflikten.

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