Die EU will kein Palmöl mehr. Millionen Bauern sehen ihre Lebensgrundlage bedroht.
Asien.
Abgefackelte Regenwälder, verletzte und heimatlose OrangUtans: Die Bilder haben sich den europäischen Konsumenten eingeprägt. Die jahrelange Kampagne von Umweltorganisationen gegen Palmöl aus Fernost zeigt Wirkung: Handelsketten wie Spar in Österreich oder Iceland in Großbritannien nehmen Produkte mit dem meistgenutzten pflanzlichen Öl aus den Regalen und werben mit ihren Initiativen. Das EU-Parlament beschließt ein Verbot für Palmöl im Biosprit als Maßnahme gegen den Klimawandel. Aber das beruhigte Verbrauchergewissen in unseren Breiten hat eine Kehrseite am anderen Ende der Welt: In Indonesien und Malaysia, von wo 90 Prozent der weltweiten Produktion stammen, sehen sich 20 Millionen Menschen in ihrer Existenzgrundlage bedroht. Die Preise für Palmöl sind seit Anfang des Vorjahres um ein Drittel eingebrochen. Vor allem für Kleinbauern liegen sie vielfach nur noch knapp über den Herstellkosten.
Das liegt zwar nicht nur an den Kampagnen in Europa. Auch die beiden weiteren Großabnehmer, Indien und China, bestellen weniger, aber aus anderen Gründen. Dazu kommt ein Überangebot durch eine starke Ernte und hohe Lagerbestände. Doch all diese Faktoren sind temporär, die Europäer aber schwören dem Palmöl dauerhaft ab. Was bei Produzenten und Politikern zu Verbitterung führt. Sie fühlen sich als Opfer. Der Palmöl-Boom war für viele Landbewohner eine Chance, der bitteren Armut zu entkommen. Wenn man sie jetzt dahin zurückstoße, bringe das auf Borneo oder Sumatra keinen einzigen gefällten Baum zurück. Für die Zukunft verspreche man ohnehin, nur noch auf nachhaltige Bewirtschaftung zu setzen.
Sie macht schon ein Fünftel der Menge aus. Aber das Angebot ist doppelt so hoch wie die Nachfrage. Die Inder und Chinesen wollen für Nachhaltigkeit keinen Aufpreis zahlen, die Europäer lehnen Palmöl nun grundsätzlich ab. Die Frage ist nur: Wo liegen die Alternativen? Die Welt braucht pflanzliches Öl. Es findet sich in der Hälfte aller verpackten Supermarktwaren, auch in Lippenstift, Waschmittel und Shampoo. Dazu kommt immer mehr Biosprit. Palmöl setzte sich durch, weil die Früchte besonders ergiebig sind. Es versorgt die Welt mit 35 Prozent aller pflanzlichen Öle, auf nur zehn Prozent der Fläche für Ölpflanzen. Das heißt aber im Umkehrschluss: Andere Pflanzen brauchen mehr Platz.
Genau davor hat im Sommer die Weltnaturschutzunion IUCN in einer Studie gewarnt: Wenn wir Palmkerne durch Soja, Raps oder Sonnenblumen ersetzen, frisst das bis zu neunmal mehr Land. Der Raubbau würde sich nicht nur in andere Gebiete verlagern und dort andere Ökosysteme gefährden, er würde in Summe auch dramatisch zunehmen. In Indonesien müssten die Landwirte hingegen auf Kautschuk oder Zuckerrohr umsteigen – aber dafür werden nicht weniger Wälder gerodet.
Die indonesische Regierung versucht vorerst fieberhaft, die Folgen des Preisverfalls abzumildern. Sie hat soeben eine Exportsteuer abgeschafft, die aber bisher Programme zur Wiederaufforstung finanziert hat. Sie forciert ein nationales Biosprit-Programm, um Ausfälle zu kompensieren. Malaysia droht indes Europa mit Gegensanktionen – und sitzt dabei wohl klar auf dem kürzeren Ast.