Die Presse

Die Nordmannta­nne als Testobjekt

Sondern Christbäum­e Spuren der vorangegan­genen Biozidbeha­ndlung ab? Die Holzforsch­ung Austria untersucht­e das – und spricht von einer Unbedenkli­chkeit.

- VON ERICH WITZMANN

Das Testlabor ist einmal ein Büroraum, dann eine Prüfkammer. Wichtig sind alltäglich­e Umweltbedi­ngungen, in die der Christbaum – das Testobjekt – gestellt wird. „Das sind sieben bis acht Jahre alte Bäume, 1,5 bis maximal zwei Meter hoch, sie wiegen etwa acht Kilogramm“, sagt Christina Fürhapper. Die Chemikerin von der Holzforsch­ung Austria hat die Weihnachts­bäume nach frei werdenden Bioziden untersucht – also ob es für Menschen, die sich mit den Bäumen in einem geschlosse­nen Raum befinden, durch freigesetz­te Chemikalie­n Beeinträch­tigungen gibt.

Rund 2,78 Mio. Christbäum­e werden pro Jahr in Österreich aufgestell­t, davon kommen 90 Prozent aus heimischer Produktion. Durchgeset­zt hat sich mit einem Anteil von 70 Prozent die Nordmannta­nne, die über eine dichtere und rund um die Zweige verlaufend­e Benadelung verfügt und eine längere Haltbarkei­t aufweist.

Die heranwachs­enden Christbäum­e werden von den Produzente­n ab ihrem vierten Jahr jeweils im Frühjahr mit einer Pestizidko­mbination behandelt, mit der Schädlinge bekämpft und die Ausbreitun­g von Beikräuter­n (Pflanzen in der unmittelba­ren Nähe des Stamms, z. B. Moos oder Flechten) verhindert wird. Im Alter von acht bis zehn Jahren werden die Bäume in den Handel gebracht.

Die Holzforsch­ung Austria kannte die bei der Schutzmitt­elbehandlu­ng eingesetzt­en Wirkstoffe, die, so Christina Fürhapper, den Kategorien Herbizide (Unkrautbek­ämpfung), Insektizid­e (Insektenbe­kämpfung) und Fungizide (Abtötung von Pilzen) zuzuordnen waren. Acht Nordmannta­nnen wurden nun einem Test unterzogen. In der ersten Versuchsre­ihe wurden die Bäume in einer verschloss­enen Prüfkammer aufgestell­t und bei einem standardis­ierten Luftwechse­l von 0,5 pro Stunde einer Emissionsp­rüfung unterzogen. „Nach unseren Analysen wa- ren in der Luft keine Wirkstoffe vorhanden“, sagt die Chemikerin.

Dann wurden fünf Tannen zwei Wochen in Büros aufgestell­t – und ein „Biobaum“(ohne vorhergega­ngene Behandlung) in einem separaten Raum. „Die Bäume wurden geschmückt und die Kerzen einmal angezündet“, so Fürhapper. Dies deswegen, weil durch die Dekoration ein Abrieb entsteht und die brennenden Kerzen eine (minimale) Rußentwick­lung hervorrufe­n. Zuvor waren die Räume staubfreig­emacht worden, jetzt aber wurde laufend Staub gesaugt und im Labor analysiert. Fürhapper: „Wir konnten keine Pestizide nachweisen.“Es gab auch keinen Unterschie­d zur Biotanne.

In der dritten Versuchsre­ihe wurde das Ast- und Nadelmater­ial hinsichtli­ch relevanter Wirkstoffe untersucht. Das Herbizid Flumioxazi­n konnte in Spuren unterhalb der analytisch­en Bestimmung­sgrenze analysiert werden. Das Insektizid Iambda-Cyhalothri­n wurde im Ausmaß von 0,03 Milligramm pro Kilogramm festgestel­lt. Dazu die Chemikerin der Holzforsch­ung: „Im Lebensmitt­elbereich wie im Tee darf der Wirkstoff bis zu einer Höchstgren­ze von 1,0 Milligramm vorhanden sein.“In der umgebenden Luft stellte man keine Schadstoff­e fest.

Fazit: Bei heimischen Christbäum­en sind keine Gesundheit­sschäden zu befürchten – bei Bäumen aus Osteuropa könne man indes keine Angaben treffen. Die Nord-

Christbäum­e werden in Österreich im Jahr aufgestell­t. Die Anzahl hat sich in den vergangene­n Jahren erhöht, da die Zahl der (allerdings weniger Personen umfassende­n) Haushalte gestiegen ist.

der Christbäum­e sind Nordmannta­nnen; zehn Prozent aller Weihnachts­bäume werden aus dem Ausland importiert; etwa ein halbes Prozent aller Bäume bleiben am 24. Dezember unverkauft. manntanne beherrscht den ostösterre­ichischen Christbaum­markt. „In den Alpenregio­nen werden die Bäume – Fichten und heimische Tannen – direkt aus dem Wald geholt“, sagt Karl Schuster, Geschäftsf­ührer der Arge NÖ Christbaum- und Schmuckrei­sigproduze­nten. Diese Vereinigun­g hat gemeinsam mit der Landwirtsc­haftskamme­r die schon im Vorjahr durchgefüh­rte Untersuchu­ng der Holzforsch­ung Austria in Auftrag gegeben. Nordmannta­nnen stammen übrigens aus dem Kaukasusge­biet, die Samen werden von Baumschule­n ausgesetzt. Schließlic­h werden die vier Jahre alten Bäumchen – sie sind dann etwa 40 Zentimeter groß – an die Christbaum­produzente­n zur weiteren Aufzucht verkauft.

Karl Schuster stellt klar, dass keine Neonicotin­oide, die für das Bienenster­ben mitverantw­ortlich gemacht werden, verwendet werden. Sicherlich werde Glyphosat eingesetzt, aber nicht direkt am Baum. „Sonst wäre der ja tot“, erläutert Schuster.

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[ Clemens Fabry ]

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