Forscher lesen Gedanken von Ratten
Es ist vorhersagbar, wohin ein Tier als Nächstes geht.
Man weiß seit Jahren, dass es im Gehirn sogenannte Platzzellen gibt, die Signale aussenden, wenn sich ein Mensch oder ein anderes Tier an einer bestimmten Position befindet. Diese Entdeckung wurde 2014 mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet. Forscher am Institute of Science and Technology (IST) Austria machten nun eine weitere erstaunliche Entdeckung: Anhand der Erregung von Platzzellen können Neurowissenschaftler nicht nur sagen, wo sich eine Ratte gerade befindet, sondern auch, wohin sie als Nächstes gehen wird.
Ausgangspunkt des Teams um Jozsef Csicsvari war die Beobachtung, dass manchmal eine aktive Platzzelle nicht dem aktuellen Standort entspricht. „Das gibt uns Einblick darin, was das Tier über den Raum denkt“, erläutert der Forscher. Dazu wurden verschiedene Versuchsanordnungen in achtarmigen Labyrinthen entwickelt, bei denen drei Arme mit Futter ausgestattet waren; Ratten, die mehrfach in dieses Labyrinth gesetzt wurden, erinnerten sich daran.
Getestet wurden damit zwei verschiedene Formen des räumlichen Gedächtnisses: das Referenzgedächtnis, in dem gespeichert ist, in welchen Armen sich eine Belohnung befand, und das Arbeitsgedächtnis, das registriert, welche Labyrintharme das Tier schon besucht hat und welche noch nicht.
Bei Tests des Referenzspeichers zeigte sich, dass die Abfolge, in der die entsprechenden Platzzellen Impulse feuern, der Sequenz für den nächsten Weg entsprach. Das gibt den Forschern einen Einblick in die unmittelbaren Pläne der Ratte. „Das Tier denkt an einen anderen Ort als den, an dem es sich befindet. Tatsächlich können wir vorhersagen, welchen Arm die Ratte als Nächstes betreten wird“, so Csicsvari. Überdies konnten die Forscher korrekt vorhersagen, wann die Ratte Fehler machen würde. (red/ku)