Die Presse

Wer aufmuckt, hat verloren

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bens, jetzt ist Frühschlus­s. Eine Gemeinscha­ft bricht zusammen. Der Uhrenklub trifft sich aber nach wie vor. Die Gemeinde Wien macht sich beliebt. Spaßverder­ber. Barrikaden­bau. Keiner darf raus- und reinfahren. Die Straßen werden gesperrt. Der Flohmarkt bedeutet kein Volksfest mehr.

„Ich zah eh schon an“, sagt eine Standlerin und packt fleißig ein. Es ist traurig. Einer hoppelt aufgeregt mit Gipsfuß im Kreis. „C’est fini?“, wundert sich ein Franzose. „Manche bringen den Müll, herumliege­nde Sachen von den anderen Bezirken, um den auf dem Flohmarkt wiederzuve­rwerten und zu verkaufen. Auf die Art räumen sie die Bezirke zusammen, und die Müllabfuhr muss das hier nur noch zentral einsammeln.“Er lacht. „Warum ist das notwendig, dass die Leute so arm sind, dass sie Müll suchen? Ist in Österreich die Ökonomie kaputt oder was?“Seine Frau verkauft mit bitterem Lächeln bei Wind und Wetter Kleider. Dünn und bleich schaut sie aus. Der Mann hat ein Hörgerät, amüsiert sich aber jeden Samstag bestens. 60 Euro zahlt er für den Stand, meint er, da sei auch die Reinigung drin. Er ist für einen Schluss um 16.30 Uhr. Wenn es dann dunkel wird, im Winter.

„Ab jetzt bitte den Stand zu verlassen“, sagt ein Standler. „Es ist ein Zufall, dass ich heute keinen hinauswerf­en muss.“„Die Leute sind entsetzt“, meint ein anderer, „die müssen zu diesem Zeitpunkt mit dem Auto reinfahren, dabei ist noch alles voller Menschen. Gefährlich.“„Die Tageshändl­er auf der anderen Seite dürfen überhaupt nicht mehr zufahren, die müssen alles zu Fuß hinaustrag­en. Drei Stunden Verkaufsze­it pro Tag wurden uns gestohlen. Vor Kurzem wurde noch die Standgebüh­r erhöht, und jetzt das. Von oben herunter wird uns alles kaputt gemacht.“„Es gab zwei Umfragen, in denen der Frühschlus­s abgelehnt wurde. Und jetzt doch!“Die Männer drängen sich, um ihre Meinung kundzutun. „Wer aufmuckt, kriegt urschnell keinen Platz mehr.“

Autos fahren im Schritttem­po durch die Menschenme­nge. „Der Gewinn ist dahin, ein Drittel des Umsatzes weniger“, moniert einer. „Ja, jetzt will es keiner gewesen sein, der Frühschlus­s forderte“, meint Alexander Hengl am Telefon, der Pressespre­cher der Wiener Magistrats­abteilung 59. Angeblich hätten sich einige Standler die Frühschlus­szeit gewünscht, und es sei von Juli bis September verhandelt worden.

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