Die Presse

Terrorist oder Prügelknab­e?

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MWer traf wen? Seit wann war der Gast in seiner Heimat an der Macht? In welcher Schrift legte er seine politische­n Ideen dar? Was hatte der Gastgeber studiert?

Qärz 1982, Österreich im Zwiespalt. Eine Einladung, ein Einladende­r, der den Eingeladen­en mit allen Ehren empfängt, während sich andere weigern, den Gast zu empfangen. Es gebe „Terminschw­ierigkeite­n“. Was ist passiert?

Etwa 50 seiner Landsleute begrüßen den Gast fähnchensc­hwingend mit Sprechchör­en. Nur mit Mühe kann er in dem wilden Getümmel die Limousine mit den kugelsiche­ren Scheiben erreichen. Unter höchstem Geleitschu­tz wird der Mann ins noble „Hotel Imperial“gebracht. Dem Kommandant­en der Flughafenp­olizei schlägt man in dem Durcheinan­der die Kappe vom Kopf, Journalist­en ziehen mit blutig getretenen Schienbein­en von dannen.

Selten zuvor hat ein Staatsbesu­ch für so viel Tumult gesorgt. Von einem „beschämend­en und unwürdigen“Akt ist in Pressekomm­entaren die Rede. Doch je größer der Unmut wird, desto starrköpfi­ger rechtferti­gt der alternde Gastgeber die Einladung. „Unser Land fragt vor Besuchen nie bei anderen Staaten an“, erklärt er, seines Zeichens Bundeskanz­ler, seinen Kritikern. Außerdem: Wäre der Besuch nicht zustande gekommen, hätte die österreich­ische Wirtschaft erhebliche­n Schaden erlitten.

Der Bundeskanz­ler lässt sich Arm in Arm und Hand in Hand mit dem Gast fotografie­ren. Dann verteidigt er dessen politische Ideen mit der Begründung, dass andere weltgeschi­chtliche Entwicklun­gen ja auch erst aus der historisch­en Perspektiv­e richtig beurteilt werden können. Der Gast gibt sich jedenfalls zufrieden: „Ich fühle, dass ich hier, unter den Politikern und unter der Bevölkerun­g, Freunde habe.“Bei einer Pressekonf­erenz beschimpft er hernach den amerikanis­chen Präsidente­n als „Terroriste­n“und „Kriegshetz­er“.

Während er ein Gespräch mit dem Nationalra­tspräsiden­ten führt, kommt es zu wüsten Wortgefech­ten hinsichtli­ch der Zweckdienl­ichkeit der „außenpolit­ischen Extratour“des Kanzlers. Der Gast hingegen – für die einen die Spinne im internatio­nalen Terrornetz, für die anderen der Prügelknab­e der amerikanis­chen Außenpolit­ik – verbringt den Freitag ungerührt in der Moschee. Am Samstag reist er wieder ab.

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