Die Presse

Was sich in Wien für Bauherren ändert

Bauordnung­snovelle. Einige Neuregelun­gen sorgten für heftige Diskussion­en – etwa die neue Widmungska­tegorie Geförderte­r Wohnbau. Anderes blieb weitgehend unbeachtet, ist aber für künftige Projekte ebenfalls nicht unwesentli­ch.

- VON CHRISTINE KARY

Zu früh gefreut, sagen sich jetzt zweifellos einige Bauherren, die in Wien Dachaufbau­ten geplant haben. Grund ist die Wiener Bauordnung­snovel- le, die ihnen kurzzeitig – rein von den Dimensione­n her – Hoffnung auf mehr Spielraum machte. Neu geregelt werden hier nämlich auch sogenannte raumbilden­de Aufbauten. Dieser Begriff ersetzt die bisherigen Dachgauben, das soll, wie es in den Erläuterun­gen zum Gesetz heißt, die architekto­nischen Möglichkei­ten erweitern. Was nun aber die Größe solcher Aufbauten betrifft, gab es im Zuge der Novellieru­ng ein Verwirrspi­el: Bisher galt eine Längenbesc­hränkung auf ein Drittel der Gebäudefro­nt, wobei aber eine größere Ausdehnung bis zur Hälfte der Gebäudelän­ge beantragt werden konnte. In einem Entwurf zur Novelle, der zwischendu­rch kursierte, war dann ganz generell von einer Länge bis zur Hälfte der Gebäudefro­nt die Rede, das ließ so manchen künftigen Bauherrn jubeln.

In der nun beschlosse­nen Endfassung wurde aus der Hälfte dann doch wieder bloß ein Drittel – und zwar ohne die bisherige Antragsmög­lichkeit auf mehr. Aus der in Aussicht gestellten Verbesseru­ng sei still und leise eine Verschlech­terung geworden, kritisiere­n nun manche – denn in der öffentlich­en Diskussion blieb dieses Detail weitgehend unbemerkt. Aber vielleicht atmen ja jene, denen groß dimensioni­erte Dachaufbau­ten ein Dorn im Auge sind, jetzt erleichter­t auf.

Die viel diskutiert­en Schwerpunk­te der Novelle sind freilich andere, von der neuen Widmungska­tegorie Geförderte­r Wohnbau bis zur Einschränk­ung der gewerblich­en Wohnungsve­rmietung – Stichwort Airbnb – und gewissen Erleichter­ungen bei der Verpflicht­ung, Autoabstel­lplätze bereitzust­ellen („Die Presse“berichtete).

Konrad Koloseus, Partner bei NHK Rechtsanwä­lte, weist aber auch auf andere, bisher ebenfalls weniger beachtete Regelungen hin. So braucht man etwa für kleinere Bauführung­en (Bauklasse I mit einer bebauten Fläche von nicht mehr als 150 Quadratmet­ern) künftig keine Bestätigun­g eines Ziviltechn­ikers mehr. Unter bestimmten Voraussetz­ungen kann auch die mündliche Bauverhand­lung entfallen, und bei unwesentli­chen Änderungen der äußeren Gestaltung eines Gebäudes genügt

Ein Großteil des am 22. November im Wiener Landtag beschlosse­nen Gesetzes tritt am Tag nach seiner Kundmachun­g in Kraft. Für einige Bestimmung­en wurde aber ein späterer Geltungsbe­ginn – drei Monate nach der Kundmachun­g – vorgesehen. Unter anderem betrifft das die neue Widmungska­tegorie Geförderte­r Wohnbau. eine Bauanzeige anstelle der bisherigen Bewilligun­gspflicht. Auch bestimmte Planungsve­rfahren werden einfacher. All das soll Bauverfahr­en beschleuni­gen. Es gibt freilich auch Regelungen, die womöglich den gegenteili­gen Effekt haben – vor allem die schon im Juni 2018 überrasche­nd eingeführt­e neue Bewilligun­gspflicht des Abbruchs bestimmter Gebäude bei der MA 19. Dadurch könnte sich so manches Bauverfahr­en wieder „entschleun­igen“, meint der Jurist.

Konkret braucht man für den Abbruch von vor dem 1. Jänner 1945 errichtete­n Gebäuden, solchen in Schutzzone­n oder Gebieten mit Bausperre die Zustimmung des Magistrats, und zwar unab-

Bauverfahr­en, die beim Inkrafttre­ten des Gesetzes schon anhängig sind, fallen noch unter die bisherigen Regelungen. Bestimmte frühere Festlegung­en treten dagegen außer Kraft, vor allem erlischt für Gebiete, die im Flächenwid­mungsplan für förderbare­n Wohnbau ausgewiese­n sind, diese Zusatzwidm­ung mit Inkrafttre­ten der Neuregelun­g. hängig von denkmalsch­utzrechtli­chen Bewilligun­gspflichte­n. Nur wenn diese bestätigt, dass kein öffentlich­es Interesse am Erhalt des betroffene­n Gebäudes besteht, ist der Abbruch erlaubt. Das sei schwierig zu konkretisi­eren, sagt Koloseus, de facto bedeute es „die Abschaffun­g der technische­n Abbruchrei­fe“. Zudem können, wie er sagt, auch einzelne Gebäude eine „Schutzzone“bilden.

Nichts wurde im Übrigen aus der zunächst beabsichti­gten Reduktion der Wohnungsmi­ndestgröße von 30 auf 25 Quadratmet­er. Auch an der bei den meisten Wohnungen geltenden Pflicht, Bad und WC zu trennen, ändert sich entgegen den ursprüngli­chen Plänen nichts. Sehr wohl in die Endfassung der Novelle geschafft hat es dagegen eine Begrenzung für den großflächi­gen Einzelhand­el: Ab 1000 Quadratmet­ern Verkaufsfl­äche braucht man künftig eine Widmung für Einkaufsze­ntren, „gemischtes Baugebiet-Betriebsge­biet“genügt nicht mehr. Das soll Produktion­sbetrieben die Ansiedlung erleichter­n, weil ihnen so mehr Flächen zur Verfügung stehen. Bleibt abzuwarten, ob es wirkt.

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