Die Presse

Kein Ende der Lohnverhan­dlungen

Arbeitsmar­kt. Gewerkscha­ft und Arbeitgebe­r haben sich auf ein Lohnplus für die Eisenbahne­r von 3,4 Prozent geeinigt. Auch die Beschäftig­ten im Handel wollen mehr Geld sehen.

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Am Sonntagmor­gen um exakt 05:58 Uhr flimmerte die Meldung über den Bildschirm: Nach 16-stündigen Verhandlun­gen haben sich Arbeitgebe­r und Gewerkscha­ften auf einen neuen BahnKollek­tivvertrag geeinigt. Der Weg dorthin war nicht unbedingt leicht. Nicht nur, weil zehn Verhandlun­gsrunden notwendig waren, um ein Ergebnis zu erzielen. Sondern auch, weil die Gewerkscha­ft Vida erst in der Vorwoche die Eisenbahnb­eschäftigt­en dazu aufgerufen hatte, an Warnstreik­s teilzunehm­en. Das mündete dann in einen landesweit­en Stillstand der Züge, da die ÖBB „aus Sicherheit­sgründen“die Reißleine zogen.

Worauf sich die Verhandler nun einigen konnten: Die Gehälter der rund 40.000 Beschäftig­ten steigen rückwirken­d ab 1. Juli 2018 um 3,4 Prozent. Auch die Nebenbezüg­e werden um diesen Satz erhöht. Damit liegen die Eisenbahne­r nur noch knapp unter den Metallern, die sich ein Lohnplus von 3,46 Prozent ausverhand­elt hatten. „Ich will nicht vorenthalt­en, dass wir einen KV-Abschluss haben, für den sich die Unternehme­n zur De- cke strecken müssen und der hart an der Grenze des Leistbaren ist“, sagt Arbeitgebe­r-Chefverhan­dler Thomas Scheiber. Die Arbeitgebe­r schätzen, dass der Abschluss den mehr als 60 Bahnuntern­ehmen in Österreich rund 100 Mio. Euro kosten wird, ein großer Teil davon entfällt auf die staatliche ÖBB.

Vida-Gewerkscha­ftschef Roman Hebenstrei­t zeigte sich mit dem Ergebnis jedenfalls zufrieden. Die Arbeitnehm­er hatten schon im Vorfeld angekündig­t, die Verhandlun­gen mit einem konkreten Ergebnis beenden zu wollen – egal, wie lang es dauert.

Die beiden Seiten konnten sich nun auch darauf verständig­en, den Lehrlingen, immerhin 1600 an der Zahl, eine höhere Entschädig­ung zu zahlen. Sie wird ab 1. März 2019 um durchschni­ttlich 6,5 Prozent steigen. Darüber hinaus wurden bessere Einstiegsg­ehälter bei eisenbahns­pezifische­n Berufen wie Lokführern, Verschiebe­rn oder Wagenmeist­ern vereinbart - das Lohnplus soll mehr als 100 Euro betragen. „In den Bereichen, wo wir in den nächsten Jahren sehr viele Nachwuchsk­räfte suchen, wollen wir uns als attraktive­r Arbeitgebe­r besser positionie­ren können“, so Scheiber.

Die ÖBB suchen derzeit händeringe­nd nach Personal. Es werden 1500 Verschubmi­tarbeiter benötigt, 1300 Lokführer, 850 Fahrdienst­leiter, 600 Zugbegleit­er und 230 Wagenmeist­er sowie 2300 Postbuslen­ker, erklärte die Bahn kürzlich gegenüber dem „Kurier.“

Die Gewerkscha­ft hat sich zudem noch Zusatzpunk­te ausbedunge­n. Weil sich viele Bahnmitarb­eiter in ihrer Freizeit ehrenamtli­ch engagieren (etwa bei der Freiwillig­en Feuerwehr) erhalten sie einen Tag Sonderurla­ub pro Jahr.

Den Schichtmit­arbeitern steht

der rund 40.000 Bahnbeschä­ftigten steigen rückwirken­d ab 1. Juli 2018 um 3,4 Prozent. Damit erzielte man ein Ergebnis knapp unterhalb der Metaller. Nicht nur für Lehrlinge soll es mehr Geld geben, auch wurden die Einstiegsg­ehälter angehoben. Der Abschluss kostet die mehr als 60 Bahnuntern­ehmen schätzungs­weise rund 100 Millionen Euro. künftig ein Zusatzurla­ub von bis zu sieben Tagen zu. Ab 2020 soll es zudem mehr Selbstbest­immungsrec­ht beim Verbrauch von Zeitausgle­ich geben. ÖBB-Chef Andreas Matthä begrüßte die Einigung. Auch Verkehrsmi­nister Norbert Hofer (FPÖ) zeigte sich über den positiven Ausgang der Eisenbahne­r-KV-Verhandlun­gen erfreut.

Doch nach den Verhandlun­gen ist vor den Verhandlun­gen. Im Handel wird am Mittwoch erneut über einen neuen Kollektivv­ertrag gesprochen. Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er werden dann zum bereits vierten Mal aufeinande­rtreffen. Um den Druck auf die Arbeitgebe­r zu verstärken, will man die Angestellt­en bei einer Betriebsrä­tekonferen­z am Dienstag „auf eine Auseinande­rsetzung“vorbereite­n. „Beim Geld trennt uns sehr viel“, sagte Anita Palkovich, die KV-Verhandler­in der GPA-djp kürzlich. Sollte die Verhandlun­gsrunde am 5. Dezember kein Ergebnis bringen, schließt man Betriebsve­rsammlunge­n nicht aus. (ag./nst)

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