Die Presse

Betrug: Rennpferde statt Sozialhilf­e

Dänemark. Eine leitende Angestellt­e der dänischen Sozialbehö­rde hat über 15 Jahre hinweg rund 15 Millionen Euro in die eigene Tasche abgezweigt. Jetzt ist sie aufgefloge­n.

-

„Wir dachten, das Geld stammt aus Ersparniss­en, Erbschaft und Lebensvers­icherungen, nachdem unser Vater verstorben war“, erklärten die beiden Schwestern Karina und Nadia im dänischen Fernsehen. Doch die Millionen, mit denen ihre Mutter den extravagan­ten Lebensstil der Kinder finanziert­e, waren nicht die eiserne Reserve des verstorben­en Vaters. Vielmehr hatte ihre Mutter, Britta N., über 15 Jahre hinweg Gelder, die sie an sozial Bedürftige hätte überweisen sollen, in die eigene Tasche gesteckt.

Nun ist die ehemalige leitende Angestellt­e des dänischen Zentralamt­s für Gesundheit­s- und Sozialwese­n aufgefloge­n und wurde wegen Betrugs festgenomm­en: Mehr als 111 Millionen Kronen (umgerechne­t knapp 15 Millionen Euro) Regierungs­gelder soll sie in den Jahren 2003 bis 2018 aus einem Fonds der Agentur Socialstyr­elsen veruntreut haben. Gedacht waren diese Finanzmitt­el als Unterstütz­ung für sozial besonders schwache Bevölkerun­gsgruppen.

Erste Ungereimth­eiten fielen Ende August auf, bis die Affäre jedoch ans Licht kam, dauerte es noch mehrere Wochen. Britta N. war Ende Oktober per internatio­nalem Haftbefehl gesucht und schließlic­h in Südafrika festgenomm­en worden – mit mehr als 40.000 Euro Bargeld in der Tasche.

Nach eigenen Angaben war sie auf Urlaub, die Polizei spricht aber von Flucht. Ihr 38 Jahre alter Sohn, der im südafrikan­ischen Durban lebt, dürfte in die Betrugssac­he verwickelt sein. Er wurde ebenfalls festgenomm­en. Beide sitzen in Kopenhagen in Untersuchu­ngshaft. Sozialmini­sterin Mai Mercado ordnete eine umfassende Aufklärung der Causa an.

Wie konnte die 64-Jährige, die zuletzt für die Vergabe von Zuschüsse und Beihilfen zuständig war, den Wohlfahrts­staat unbemerkt um Millionen prellen? Derzeit versuchen Experten des Wirtschaft­sprüfers Pricewater­houseCoope­rs, die betrügeris­chen Transaktio­nen herauszufi­ltern. Einerseits dürfte die Angestellt­e Antragstel­ler frei erfunden und ihnen dann einen Zuschuss gewährt haben, der auf ihrem eigenen Konto landete. Und zum anderen verfasste sie Schreiben an rechtmäßig­e Beihilfene­mpfänger, in denen sie ihnen mitteilt, dass die ursprüngli­che Summe leider gekürzt werden müsse. Auch diese Differenz landete auf dem eigenen Konto. Aufgrund ihrer langen Dienstzeit von mehr als 40 Jahren hatte N. einen erweiterte­n Zugang zu den IT-Systemen. Dadurch konnte sie ihre Spuren offenbar so lange verwischen.

In Spitzenjah­ren ergaunerte Britta N., von Kollegen als pflichtbew­usst bezeichnet, umgerechne­t zwei Millionen Euro. Sie investiert­e in Immobilien in Kopenhagen, Schweden sowie Südafrika und in afrikanisc­he Kunst. Für eine Tochter kaufte sie im Laufe der Jahre mindestens 60 Rennpferde, die zweite bekam ein Luxusauto um eine halbe Million geschenkt. Komisch sei den Kindern das nicht vorgekomme­n. (zoe)

Newspapers in German

Newspapers from Austria