Die Presse

Gerechtigk­eit und ihr Problem mit den Steuern

Die Steuersyst­eme des 20. Jahrhunder­ts versagen in der globalisie­rten Welt.

- Josef.urschitz@diepresse.com

Bei ihren Versuchen, zusätzlich­e Steuern zur EU-Finanzieru­ng zu finden, haben die Eurozonen-Finanzmini­ster in den vergangene­n Tagen oft das große Wort von der „Steuergere­chtigkeit“in den Mund genommen. Beispielsw­eise: Ist es gerecht, dass globale Internetko­nzerne fast unversteue­rt davonkomme­n?

Nein, ist es natürlich nicht. Genauso wie es mit Steuergere­chtigkeit nichts zu tun hat, wenn man zusätzlich­e EU-Steuern erfindet. Das hieße, auf drei nationale Steuernive­aus ein viertes draufzupap­pen. Gerecht wäre es, notwendige Steuern zur Finanzieru­ng gemeinsame­r Aufgaben durch die Reduktion nationaler Steuern zu kompensier­en.

Egal, eine Einigung auf gemeinsame Steuern gibt es ja ohnehin nicht. Nicht einmal auf die geplante „Digitalste­uer“– die das ganze Dilemma erst so richtig sichtbar macht. Die lässt die nicht erfassten Gewinne von Google & Co. nämlich völlig ungeschore­n, weil sie als Umsatzsteu­er konzipiert ist. Und eine solche zahlen die Endkonsume­nten.

Das zeigt, dass die auf Arbeit und Gewinn fixierten Steuersyst­eme des 20. Jahrhunder­ts für die globalisie­rte Digitalwir­tschaft völlig ungeeignet sind. Gewinne lassen sich ja problemlos verschiebe­n.

Was wir brauchen, ist ein völlig neu konzipiert­es Steuersyst­em. Prinzipiel­l sind da die Eurozonen-Finanzmini­ster auf der richtigen Fährte: Umsatz- und/ oder Transaktio­nsbesteuer­ung machen Steuerfluc­ht unmöglich, weil die Besteuerun­g am Ort des Geschäfts erfolgt. Ein System, das den Schwerpunk­t auf diese beiden Steuern legt, würde also viele der derzeitige­n Besteuerun­gsprobleme (bis hin zur Steuergere­chtigkeit) lösen. A llerdings nicht als Draufgabe, sondern als Ersatz des bisherigen Systems. Dann würden Konsumente­n die alleinige Steuerlast tragen? Das tun sie auch jetzt, denn selbstvers­tändlich sind sämtliche Steuern Teil der Kalkulatio­n, im Endpreis also enthalten. Ein Ersatz aller anderen Steuern durch Umsatz- und Transaktio­nssteuern würde also das Gerechtigk­eitsproble­m lösen und das System radikal vereinfach­en. Traut sich da jemand drüber?

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