Die Presse

Denunziati­on als Kunstaktio­n? Die Behörden reagieren

Sachsen geht nun gegen „Katalog der Gesinnungs­kranken“vor.

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Zum Identifizi­eren von Rechtsextr­emen hat die deutsche Künstlergr­uppe Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) aufgerufen: Auf einer am Montag freigescha­lteten Website namens „Soko Chemnitz“hat sie einen „Katalog der Gesinnungs­kranken“mit Fotos und Steckbrief­en einiger Menschen veröffentl­icht, die ihren Angaben nach zu den „Fahnenflüc­htigen von Chemnitz“gehören (wo es Ende August zu Demonstrat­ionen und Ausschreit­ungen kam). Drei Millionen Fotos will sie dabei ausgewerte­t haben – von etwa 7000 „Verdächtig­en“.

Der Online-Aufruf zur Denunziati­on parodiert unverkennb­ar totalitäre Propaganda: die prahlende Berufung auf eine Software, die Nazis erkennen könne, den staatliche­n Einsatz von Überwachun­gstechnolo­gien. Wo ist hier Ernst, wo Satire? Die sächsische­n Behörden haben jedenfalls ernst reagiert. Poster wurden abgehängt, eine strafrecht­liche Relevanz der Inhalte und Abbildunge­n werde geprüft, hieß es. Die sächsische Landesregi­erung beanstande­t auch die Nutzung des Logos der sächsische­n Standortka­mpagne „So geht sächsisch“auf der Internetse­ite der Künstlergr­uppe.

Mit provokante­n politische­n Kunstaktio­nen hat das ZPS in den letzten Jahren öfters aufgeregt. So forderte es bei der Aktion „Flüchtling­e fressen“Flüchtling­e auf, sich aus Protest gegen einen Paragrafen im deutschen Aufenthalt­sgesetz fressen zu lassen – dafür hatte es eigens vor dem Gorki-Theater in Berlin eine römisch anmutende Arena mit vier Tigern errichtet. 2017 baute es ein Holocaust-Mahnmal aus 24 Beton-Stelen vor dem Haus des AfD-Politikers Björn Höcke in der Thüringer Kleinstadt Bornhagen. (sim)

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