Die türkische Willkürjustiz darf nicht hoffähig werden
Die Bundesregierung zeigt sich bisher hinsichtlich der Verhaftung von Österreichern in der Türkei erstaunlich unbekümmert.
Seit dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 wurden Tausende in der Türkei verhaftet, angeklagt oder sind ins Exil geflüchtet. Alle, die gegen die Positionen der Regierung der AKP (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung) Stellung beziehen und dies auch kundtun, werden als „Terroristen“oder als „Staatsverräter“diffamiert.
Werden in Österreich Menschenrechtsverletzungen, Demokratie- oder Rechtsstaatlichkeitsdefizite in der Türkei angesprochen, sind in der türkeistämmigen Gemeinschaft schnell die Schuldigen gefunden. Nach dem Putschversuch wurde über die europäische AKP-Lobby-Organisation UID (Union Internationaler Demokraten; ehemals UETD – Union europäisch-türkischer Demokraten) dazu aufgerufen, regierungskritische Personen mit türkischen Wurzeln anzuzeigen. Über Kanäle der sozialen Medien begann so die Jagd auf Kritiker und Kritikerinnen des starken Mannes der Türkei, Recep Tayyip Erdogan.˘ Als Folge dieser Abschreckungspolitik sahen sich auch immer mehr österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger mit Einreiseverboten in die Türkei konfrontiert. So können die Betroffenen weder ihre Familien besuchen, an Begräbnissen von Angehörigen teilnehmen noch an Feiertagen in die Türkei reisen.
Die Diffamierungs- und Denunzierungskampagne wurde auch in der türkischstämmigen Gemeinschaft „normalisiert“: Andersdenkende wurden zur Zielscheibe von Hass, sie werden diskriminiert und mit Anzeigen bei den türkischen Behörden bedroht. Die Tatsache, dass die Türkei keine Demokratie ist und der Rechtsstaat quasi suspendiert wurde, hat sich in den Köpfen der Menschen festgesetzt.
Die unbekümmerte Teilnahmslosigkeit der österreichischen Bundesregierung in Bezug auf diese Fälle verschlimmert jedoch die Lage: Seit Monaten sitzen mindestens fünf österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in der Türkei in U-Haft. Darunter auch der Journalist Max Zirngast. Der Vorwurf lautet fast immer gleich: Terrorpropaganda, Terrorunterstützung, Beleidigung des Präsidenten etc.
Max Zirngast aber ist weder ein Terrorist noch ein Krimineller; auch die anderen festgenommenen Österreicher sind es nicht! Erdogans˘ Begründung für alle diese Verhaftungen: „Diese Personen sind verdächtig – und wir vertrauen unserer Justiz.“
Mag sein. Wir Kritiker des AKP-Regimes aber sehen das völlig anders. Die Nichtanerkennung des Urteils des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs (EGMR), den inhaftierten Oppositionspolitiker Selahattin Demirtas¸ freizulassen, zeigt, dass in der Türkei keine „unabhängige Justiz“existiert. Noch bevor die EGMR-Richter ihr Urteil sprachen, erklärte Er-