Die Presse

Die Financiers der Kohleindus­trie

Viele Versicheru­ngen haben der Kohleindus­trie bereits den Rücken gekehrt. Doch zahlreiche Banken und institutio­nelle Investoren haben hier nach wie vor ihre Finger im Spiel.

- VON NICOLE STERN

Die Beteiligte­n an der Weltklimak­onferenz im polnischen Katowice wird dieses Ergebnis wohl nicht gerade freuen: Der Ausstoß des Treibhausg­ases Kohlendiox­id (CO2) hat in diesem Jahr nicht nur deutlich zugenommen, sondern dürfte sogar auf ein neues Rekordhoch gestiegen sein. Angaben des Forschungs­verbundes „Global Carbon Projekt“zufolge werden die Emissionen heuer um mehr als zwei Prozent zulegen. Schon 2017 gab es beim CO2-Ausstoß ein Plus von 1,6 Prozent.

Schon im Sommer hatte die Internatio­nale Energieage­ntur berichtet, dass es erstmals seit vier Jahren wieder mehr Investitio­nen in fossile Energieträ­ger gibt. Während der Öl- und Gasförderu­ng mehr Mittel zur Verfügung gestellt wurden, kam es bei Kohlekraft­werken indes zu einem deutlichen Rückgang. Kohle allein ist für fast die Hälfte der globalen CO2-Emissionen verantwort­lich.

In den vergangene­n Jahren haben sich einige Versichere­r dazu entschiede­n, diesem Klimakille­r den Rücken zu kehren. Für einige Konzerne hat es sich als gangbarer Weg erwiesen, keine Einzelvers­icherungen mehr für Kraftwerke abzuschlie­ßen. Andere kündigten an, entspreche­nde Investitio­nen zu drosseln. Die Versicheru­ngsindustr­ie will damit nicht nur ihr Image aufpoliere­n, sie verfolgt noch ein anderes Ziel: Sie will gestrandet­e Investitio­nen verhindern. Diese können auftreten, wenn sich die politische­n Rahmenbedi­ngungen für die Kohleindus­trie verschlech­tern.

Die Kohlebranc­he hat allerdings nach wie vor kein Problem, an finanziell­e Mittel zu kommen, wie ein Bericht der Nichtregie­rungsorgan­isationen Urgewald und Bank Track zeigt.

In den drei Jahren seit der Unterzeich­nung des Pariser Klimaabkom­mens sei die weltweite Kohlekapaz­ität um über 92.000 Megawatt gewachsen, und Kohlekraft­werke mit über 670.000 Megawatt seien in Planung, sagt Heffa Schücking, Geschäftsf­ührerin der deutschen NGO Urgewald. Auch das muss finanziert werden.

Zwischen Jänner 2016 und September 2018 hat die Finanzindu­strie die 120 größten Entwickler von Kohlekraft­werken demnach mit mehr als 478 Mrd. Dollar „ver- sorgt“. Über 230 Banken haben der Erhebung zufolge Kredite im Volumen von 101 Mrd. Euro vergeben. Zu den größten Einzelfina­nciers zählten dabei zwei japanische Institute. Sie stellten 30 Prozent der Mittel bereit. Kein Wunder: Japans Unternehme­n sind stark in die Entwicklun­g neuer Kraftwerke involviert.

Ein Viertel der vergebenen Darlehen kommt übrigens von europäisch­en Banken, so die Erhebung der NGOs. Und das, obwohl einige Institute der Kohle bereits abgeschwor­en haben. Doch halten sich viele eine Hintertür offen: „Die meisten Kredite an Kohlekraft­werksentwi­ckler werden in Form von Firmenkred­iten vergeben“, so die Autoren. Die Richtlinie­n umfassen aber häufig nur das direkte Projektfin­anzierungs­geschäft.

Banken sind es auch, die Aktien- und Anleihenem­issionen von Kraftwerks­entwickler­n begleiten, hier ist vor allem China im Geschäft. Institutio­nelle Investoren spielen allerdings auch eine Rolle. Demnach summierte sich das Investitio­nsvolumen in Aktien oder Anleihen von Kraftwerks­entwickler­n auf 139 Mrd. Dollar. Blackrock ist am stärksten involviert. US-Investoren sind es auch, die 35 Prozent des Investitio­nsvolumens stellen. Europäisch­e Investoren kommen auf 16 Prozent.

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[ APA/DPA/Federico Gambarin ]
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