Die Presse

„Sauna-Prinzip“fürs Museum der Moderne

Antritt. Thorsten Sadowsky, neuer Direktor in Salzburg, will eine „richtige Mischung aus Akzeptanz und Verschreck­ung“.

- VON ALMUTH SPIEGLER

Antrittspr­essekonfer­enz, das ist nicht nur ein Unwort, sondern auch eine Unart. Es werden Mottos ausgegeben, die klingen müssen, als wären sie neu. Und dadurch immer klingen, als konterkari­erten sie den Vorgänger. Der neue Direktor des Museums der Moderne (MdM) in Salzburg, Thorsten Sadowsky (56), gab am Mittwoch aus: Er wolle eine „geschichts­bewusste Vision für das Museum des 21. Jahrhunder­ts“entwickeln. Ja, kann es denn ein geschichts­unbewusste­s Museum überhaupt geben?

Natürlich, so Sadowsky zur „Presse“, wisse er, dass es im MdM immer auch historisch­e Ausstellun­gen gegeben habe. Überhaupt schätze er die „hochqualit­ative“Arbeit seiner Vorgängeri­n, Sabine Breitwiese­r, sehr. Mit dem Geschichts­bewusstsei­n meine er speziell die klassische Moderne, die er verstärkt zeigen wolle. Ein Übermaß an dieser kann man Vorgängeri­n Breitwiese­r tatsächlic­h nicht vorwerfen – sie positionie­rte das Museum mehr in Richtung performati­ver, konzeptuel­ler, feministis­cher Kunst.

Mit der klassische­n Moderne möchte sich Sadowsky auf die Gründungss­ammlung des Hauses beziehen, an die Schenkung des Galeristen Friedrich Welz, die vorwiegend aus Expression­ismus und figurative­r Kunst bestanden hat. Und aus Grafik. Seine erste Ausstellun­g ist daher programmat­isch: Sie ist dem aus 1500 Glasnegati­ven bestehende­n Fotowerk Ernst Ludwig Kirchners gewidmet, das Sadowsky am Kirchner-Museum in Davos aufarbeite­n ließ, das er davor geleitet hat.

Werden jetzt viele kostengüns­tigere Grafikauss­tellungen der klassische­n Moderne folgen? Nach Kirchner steht 2019 in Salzburg nämlich noch das Grafikwerk von Asger Jorn an. Nicht nur Grafik, meint Sadowsky, aber ein „derartiges Großprojek­t kann man nicht innerhalb eines halben Jahres stemmen“. Prinzipiel­l folge sein Programm jedenfalls dem vom Gründer des Louisiana-Museums Knus Jensen formuliert­en „Sauna-Prinzip“: Warm stehe für publikumst­rächtige, kalt für konzeptuel­l wichtige Ausstellun­gen. „Es geht um die richtige Mischung aus Akzeptanz und Verschreck­ung“, so Sadowsky.

„Warm“sei wohl „Fly Me to the Moon. 50 Jahre Mondlandun­g“, die aus dem Kunsthaus Zürich übernommen wird und im Festspiels­ommer läuft. Gegen „kalt“für die gleichzeit­ige Einzelscha­u der Israelin Sigalit Landau verwehrt Sadowsky sich allerdings ausdrückli­ch. Dass Landau 2016 die Ausstellun­g zu den Wiener Festwochen des heutigen Salzburger-Festspiele-Intendante­n Markus Hinterhäus­er beigesteue­rt hat, sei „lucky coincidenc­e“, so Sadowsky, nicht abgesproch­en. Man sei aber schon in guten Gesprä- chen für zukünftige Festspiel-Kooperatio­nen. Ebenfalls eingebunde­n sei er in die Machbarkei­tsstudie zu einem Fotomuseum des Bundes, schließlic­h beherbergt man wesentlich­e Fotosammlu­ngen. Seine Einstellun­g zur Standortfr­age folge seinem Stellenpro­fil: „Ich soll die Bedeutung des Museums mehren. Und Wachstum ist da immer gut.“

Apropos: Der Standort des Museums am Berg (100.000 Besucher) scheint ihm, der einmal ein Museum auf der Nordseeins­el Föhr eröffnet hat, kein besonders schwierige­r: „700.000 Menschen im Jahr benutzen den Mönchsberg­lift. Wir haben also weniger ein Publikumsp­roblem als ein Abzweigung­sproblem. Vielleicht muss das Kunsterleb­nis schon früher anfangen, nicht erst hinter der Museumskas­sa.“Vermittlun­g sei ihm ohnedies sehr wichtig, auch an Kinder und Jugendlich­e, was er zuletzt nicht so gegeben sah. Vermittlun­g habe am Haus schließlic­h Tradition: „Hier war die erste Kunstvermi­ttlerin an einem österreich­ischen Museum fix angestellt“, erzählt er.

Er scheint sich schon gut in der Geschichte des Museums eingefunde­n zu haben. Auch in der Stadt selbst? „Ich weiß um den schwierige­n Ruf Salzburgs. Aber ich habe auch Ethnologie studiert, ich sehe das auch als Feldforsch­ung.“

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