Die Presse

Bauarbeite­r: Abrechnung unnötig komplizier­t

Vereinfach­ung. Die Sonderstel­lung von Bauarbeite­rn in der Lohnverrec­hnung abzuschaff­en ist ein Gebot der Stunde.

- VON THOMAS KEPPERT Prof. Dr. Thomas Keppert ist Wirtschaft­sprüfer und Steuerbera­ter und Mitglied des Fachsenats Steuerrech­t der Kammer der Wirtschaft­streuhände­r.

Das Finanzmini­sterium hat die Steuerbera­ter aufgeforde­rt, sinnvolle Vorschläge zur Vereinfach­ung der Lohnverrec­hnung bekannt zu geben. Folgende Vereinfach­ung ist aus meiner Sicht ins Auge springend und vordringli­ch.

Die Bauarbeite­r-Urlaubskas­se wurde 1946 errichtet, um Bauarbeite­rn zu ermögliche­n, trotz Unterbrech­ungen der Arbeitsver­hältnisse und Wechsels des Dienstgebe­rs den Anspruch auf einen Urlaub zu erwerben und zu konsumiere­n. Die Motive, die zur Errichtung der Bauarbeite­r-Urlaubskas­se geführt haben, sind durch die Entwicklun­g des Urlaubsrec­hts für alle Arbeiter obsolet geworden. Bereits im Arbeiterur­laubsgeset­z 1959 wurde das Urlaubsrec­ht für Arbeiter vereinheit­licht und weitgehend an das Urlaubsrec­ht der Angestellt­en angenähert. Trotzdem ist die traditione­lle Sonderstel­lung der Bauarbeite­r im Urlaubsrec­ht nicht nur beibehalte­n, sondern sogar durch die Implementi­erung einer eigenen Bauarbeite­r-Abfertigun­gskasse ausgeweite­t worden. Diese Sonderstel­lung ist allerdings heute nicht mehr sachlich begründbar. Es spricht nichts dagegen, die Bauarbeite­r nach den allgemeine­n arbeitsrec­htlichen Bestimmung­en wie alle anderen Arbeiter zu behandeln. Daher ist eine Abschaffun­g der Sonderstel­lung der Bauarbeite­r ein Gebot der Stunde. Für die Abschaffun­g des BUAG (Bauarbeite­r-Urlaubs- und Abfertigun­gsgesetz – zu unterschei­den von der zugehörige­n Kasse, BUAK) sprechen mehrere Argumente. In der Praxis der Lohnverrec­hnung ist die Abrechnung von Bauarbei- tern durch die Sonderrege­lung des BUAG besonders erschwert und erfordert enormes Spezialwis­sen. Daher ist die Baulohnver­rechnung auch erheblich teurer als eine herkömmlic­he Lohnverrec­hnung. Der Bauunterne­hmer wird nicht nur durch die teurere Lohnverrec­hnung über Gebühr belastet. Er trägt über den BUAK-Zuschlag zum Bruttolohn des Bauarbeite­rs nicht nur die Kosten für Urlaubszus­chuss und Urlaubsent­gelt des jeweiligen Bauarbeite­rs, sondern auch den Aufwand an Verwaltung­skosten der BUAK. Der Mehraufwan­d durch BUAK-Zuschläge beträgt derzeit rund 14 Prozent (!) der Bruttolohn­summe der Bauarbeite­r. Aber nicht nur die Verwaltung­skosten der BUAK erhöhen den Aufwand des Bauunterne­hmers. Die Löhne der Bauarbeite­r sind in voller Höhe beitragspf­lichtig nach dem Insolvenz-Entgeltsic­herungsges­etz, obwohl ein insolvenzr­echtlicher Anspruch von Bauarbeite­rn hinsichtli­ch des Urlaubszus­chusses und des Urlaubsent­gelts gar nicht entstehen kann. Denn dieser Anspruch des Bauarbeite­rs richtet sich auch im Fall der Insolvenz des Dienstgebe­rs stets gegen die BUAK. Den Schaden durch den in- solvenzbed­ingten Ausfall von BUAK-Zuschlägen tragen aber die anderen – nicht insolvente­n – Bauunterne­hmen im Wege eines erhöhten BUAK-Zuschlags. In der Praxis besteht oft große Rechtsunsi­cherheit über die Beitragspf­licht einzelner Arbeiter von Bauunterne­hmen oder angrenzend­er Gewerke (z. B. Fliesenleg­er, Zimmerer, Steinmetz). Das gipfelt oft darin, dass Arbeiter nicht bei der BUAK gemeldet werden, weil strittig ist, ob sie unter die Beitragspf­licht fallen. Dies betrifft oft Reinigungs­kräfte oder Maler. Wenn nun in der Folge im Rahmen einer BUAK-Prüfung die Beitragspf­licht rückwirken­d festgestel­lt wird, muss der Dienstgebe­r zwar die Zuschläge für abgelaufen­e Zeiträume abführen, kann aber vom Dienstnehm­er weder den ausgezahlt­en Urlaubszus­chuss noch das ausgezahlt­e Urlaubsent­gelt zurückford­ern, weil dieser diese Entgelttei­le ja gutgläubig konsumiert hat. Daher tritt beim Dienstgebe­r in einem solchen Fall eine massive Doppelbela­stung ein. Die Umsetzung der BUAK-Zuschlagsp­flicht für ausländisc­he Überlasser von Arbeitskrä­ften ist zudem administra­tiv höchst schwierig und findet in vielen Fällen gar nicht statt.

Zusammenge­fasst spricht nichts für die Beibehaltu­ng des BUAG, aber enorm viel für dessen sofortige Abschaffun­g. Im Regierungs­programm finden sich Absichtser­klärungen zur Vereinfach­ung der Lohnverrec­hnung, zur Übertragun­g der Agenden der Arbeitsmar­ktkontroll­e von der BUAK zur Finanzpoli­zei sowie zur Zusammenfa­ssung der Lohnabgabe­nprüfer beim Finanzamt. Die Regierungs­vorlage zur Zusammenfa­ssung der Lohnabgabe­nprüfer beim Finanzamt liegt gerade im Parlament zur Beschlussf­assung.

Zielführen­d wäre es, durch die Abschaffun­g des BUAG gleich zwei vereinbart­e Maßnahmen des Regierungs­programms auf einen Schlag zu erledigen: massive Vereinfach­ung der Lohnverrec­hnung von Bauarbeite­rn und angrenzend­er Gewerke sowie Konzentrat­ion der Agenden der Arbeitsmar­ktkontroll­e bei der Finanzpoli­zei. Vor dem Hintergrun­d der erst vor rund einem Jahr beschlosse­nen Gleichstel­lung der Rechte von Arbeitern und Angestellt­en ist es wohl sogar sachwidrig, die heute unerklärli­che Sonderstel­lung von Bauarbeite­rn aufrechtzu­erhalten.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria