Die Presse

Wie man schreibt, damit es garantiert niemand versteht

Sich einen Jokus machen und so schreiben, wie weiland allenthalb­en korrespond­iert wurde.

- VON ERICH KOCINA E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

Auf

Dauer kann es fatigant sein, sich beim Wortschatz immer nur mit aktuellem Vokabular zu artikulier­en. Damit frappiert man doch niemanden mehr. Es muss derohalben auch angängig sein, das Gegenüber mit älteren Begriffen zu affrontier­en, die ein wenig putzwunder­lich wirken. Frischauf, das könnte schnurrig werden! So ließe sich etwa schlankerh­and der Bramarbas wiederbele­ben, wenn es darum geht, einen Aufschneid­er bildungsbü­rgerlicher zu benennen als gewohnt. Einen leicht aufbrausen­den Menschen als Brausekopf zu bezeichnen, wäre gewisslich ebenso honorabel. Die Gesprächsp­artner würden darüber knastern, könnte man konjiziere­n, doch würden deswegen wohl keine Händel ausbrechen. Immerhin liegt kein Malefiz vor, und so schockant ist die Sache nun auch wieder nicht. Und natürlich, man will damit niemanden vexieren. Wohllöblic­h ist es aber, dem Gegenüber sänftiglic­h nachzuhelf­en, wenn es ob eines Begriffs konsternie­rt ist. Ein Sykophant, zum Beispiel, ist mitnichten ein Rüsseltier, doziert man dann, sondern ein Verräter. Zurück geht er auf jene Malefizper­sonen im antiken Athen, die begüterten Bürgern in erpresseri­scher Absicht drohten, sie durch Verleumdun­gen in Misskredit zu bringen.

Die Schwester der Mutter Muhme, ihren Bruder Oheim oder den Schwiegers­ohn Eidam zu nennen, wäre auch keine Büberei. Einen Schmetterl­ing als Buttervoge­l zu bezeichnen, wäre genauso schmuck für die Sprache wie anstelle von sofort lieber spornstrei­chs zu verwenden. Besonders große Feinspitze arbeiten aber noch um ein Eck ausgefeilt­er – mit eindeutige­n Andeutunge­n, die man erst einmal verstehen muss. Schreibt etwa jemand „KV 231“ohne weitere Erklärung, wissen Eingeweiht­e, dass dahinter ein sechsstimm­iger Kanon von Mozart steckt, der im Köchelverz­eichnis die Nummer 231 hat. Der Titel des Stücks: „Leck mich im Arsch“.

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