Kopftuch ist weltweit kein Zeichen für Freiheit und Frauenrechte
Die selbst ernannten Vertreter der Muslime in Österreich versuchen über Kleidervorschriften und Institutionen, ihre Macht und ihren Einfluss auszubauen.
Es ist kurz vor neun Uhr morgens, eine ruhige Straße im dritten Bezirk Wiens in der Nähe des Stadtparks. Kinder streben auf einen Hauseingang zu, dunkle Vans fahren vor, Kinder mit Schultaschen steigen aus. Eine Alltagsszene. Doch fällt eines auf: Alle Mädchen tragen ein Kopftuch. Am Haustor steht ein Mann, der jedes ankommende Kind aufmerksam mustert. Es handelt sich um die Schule des Königreichs Saudiarabien, eine Privatschule mit „internationalem“Lehrplan. Ein Versuch, diese zu schließen, scheiterte.
Beliebig und freiwillig sind hier die Kleidungsvorschriften offenbar nicht. Die Stellung der Frau in Saudiarabien ist bekannt. Wie im Iran kontrolliert dort eine Religionspolizei die Kleidervorschriften für Frauen.
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat Recht, dass ein Kopftuchverbot für Kinder allein nicht ausreicht, um muslimische Parallelgesellschaften zu verhindern oder abzubauen. Aber es ist ein wichtiger Aspekt. Da geht es einmal darum, dass Kinder nicht zu Außenseitern oder unter Druck gesetzt werden: Einerseits jene, die ein Kopftuch tragen, aber auch jene, die keines tragen. Auch ist ein Kind zu einer freien und bewussten Entscheidung, noch dazu gegen den Willen von Bezugspersonen, kaum in der Lage.
Zusätzlich übt die Islamische Glaubensgemeinschaft Druck aus. Ihr Präsident hat öffentlich erklärt, dass gute muslimische Eltern darauf achten, dass ihre Töchter ein Kopftuch tragen. Er hat es also zur religiösen Pflicht jedes Muslims erklärt, dafür zu sorgen, dass sich diese verhüllen. So viel zur Freiwilligkeit.
Es steht zu befürchten, dass diese Pflicht zur Verhüllung als religiöses Argument – obwohl davon im Koran nirgendwo die Rede ist – weiterhin die Linie der IGGÖ bleibt. Aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge des jetzigen Präsidenten, der der türkischen Religionsbehörde nahesteht, ist ein Mitglied der Muslimbruderschaft.
Die Muslimbrüder haben in Ägypten vorgezeigt, wie sie agieren, wenn sie an die Macht kommen. Frauen mussten sich verhüllen, Frauenrechte wurden massiv beschnitten. In Österreich sind die Muslimbrüder politisch gut vernetzt und werden, sollten sie wie geplant den Vorsitz der IGGÖ übernehmen, der wichtigste Ansprechpartner der Regierung in allen Belangen der muslimischen Österreicher sein. Dies, obwohl sie nur eine kleine Minderheit vertreten. Die Mehrheit der Muslime in Österreich ist nicht organisiert und hat daher keine Stimme: eine Folge des misslungenen Islamgesetzes.
Den Argumenten der selbst ernannten Repräsentanten zu folgen heißt daher, einen fundamentalistischen politischen Islam zu befördern, der von der Mehrheit der Muslime hierzulande abgelehnt wird. Daher brauchen jene, die den politischen Islam ablehnen, mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung.
Die Debatte um das Kopftuchverbot ist keineswegs eine Scheindebatte, sondern Teil einer notwendigen und differenzierten Auseinandersetzung mit der Frage, wie Muslime in einer pluralistischen Gesellschaft ihren Platz finden. Die Position westlicher Liberaler, es könne bei uns ja ohnehin jeder anziehen, was er wolle, ist dabei nicht hilfreich.
Genauso wenig hilfreich ist es, im Zuge dieser Debatte gleich alles Religiöse aus dem öffentlichen Leben entsorgen zu wollen.
Die ägyptisch-amerikanische Journalistin Mona Eltahawy kritisiert in diesem Zusammenhang die westlichen Feministinnen, die die Verschleierung von Frauen gutheißen, denn dies führe den Feminismus ad absurdum. Sie plädiert dafür, die Auswirkung von Verschleierung vor die religiöse Komponente zu stellen.
Ein guter Ansatz. Darüber hinaus sollte hinterfragt werden, ob die IGGÖ in Aufbau und Zusammensetzung aus politischem Interesse und aus Machtstreben nicht eher an einer gesellschaftlichen Spaltung interessiert ist als an einem Zusammenleben in gegenseitigem Respekt.