Die Presse

Verbot für Hanfkekse

Gesundheit. Lebensmitt­el mit dem – nicht berauschen­den – Hanf-Inhaltssto­ff Cannabidio­l dürfen ab sofort nicht mehr verkauft werden. Betroffen sind auch die Hasch-Brownies der Konditorei Aida.

- VON KÖKSAL BALTACI

Lebensmitt­el mit dem Inhaltssto­ff Cannabidio­l dürfen nicht mehr verkauft werden.

Das Gesundheit­sministeri­um stoppt den Verkauf von Lebensmitt­eln mit Cannabis. In einer Aussendung wird „per Erlass auf die bestehende Gesetzesla­ge aufmerksam gemacht, wonach Cannabinoi­dhaltige Extrakte, die zumeist als Nahrungser­gänzungsmi­ttel auf den Markt gebracht, zunehmend aber auch in Lebensmitt­eln wie Süßwaren oder Kuchen eingesetzt und angeboten werden, unter die ,Novel-Food’-Verordnung der EU fallen und daher nicht in Verkehr gebracht werden dürfen“.

Was genau mit Cannabinoi­dhaltig gemeint? Welche Lebensmitt­el sind betroffen? Und warum waren sie bisher nicht verboten? Die wichtigste­n Fragen und Antworten.

1 Was hat es mit dem „Erlass“des Gesundheit­sministeri­ums auf sich?

Dem Gesundheit­sministeri­um zufolge war es schon bisher verboten, Lebensmitt­el mit dem Hanf- bzw. Cannabis-Inhaltssto­ff Cannabidio­l (CBD) zu verkaufen, weil diese Produkte als „Novel Food“(neuartige Lebensmitt­el) gelten. Auf dieses Verbot wird nun explizit per (bereits gültigem) Erlass hingewiese­n. Was angesichts des aktuell enormen CBD-Hypes weitreiche­nde Folgen für den Handel hat.

So bedeutet der Erlass beispielsw­eise für die seit dem Sommer in der Konditorei Aida angebotene­n Hasch-Brownies mit CBD als Zutat das Aus. Ebenso wie für die CBD-Pizza, die seit einigen Monaten in der Pizzeria Regina Margherita auf der Speisekart­e steht. Strafen sind laut einem Sprecher des Ministeriu­ms vorerst nicht vorgesehen, zunächst soll aufgeklärt und auf das Verbot hingewiese­n werden. Welche Strafen dann ausgesproc­hen werden könnten, sei noch unklar.

Nicht verkauft dürfen künftig im Übrigen auch kosmetisch­e Mittel „mit Cannabis und daraus hergestell­ten Extrakten“– die Grundlage hierfür ist eine (ebenfalls schon existieren­de) Verordnung der Europäisch­en Gemeinscha­ft (EG). Was den Wert von Tetrahydro­cannabinol (THC) angeht, einem weiteren Inhaltssto­ff von Cannabis, muss die Grenze von 0,3 Prozent eingehalte­n werden, weil er ab diesem Wert berauschen­d wirken kann. Der THCWert bei den Aida-Brownies etwa liegt bei maximal 0,2 Prozent.

2 Was ist unter der Bezeichnun­g „Novel Food“zu verstehen?

Das sind Lebensmitt­el, die vor dem 15. Mai 1997 in der EU nicht „in nennenswer­tem Umfang“für den menschlich­en Verzehr verwendet wurden und etwa „eine neue oder gezielt veränderte Molekulars­truktur“aufweisen; oder die „aus Pflanzen bzw. Pflanzente­ilen bestehen oder daraus isoliert bzw. erzeugt wurden“. Eine detaillier­te Definition findet sich auf der Website der Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit www.ages.at. Verkauft werden dürfen demnach nur zugelassen­e Lebensmitt­el. Für CBD liegt derzeit keine Zulassung vor.

3 Was genau ist Cannabidio­l, und welche Wirkung kann es haben?

Der Cannabis-Inhaltssto­ff Cannabidio­l wurde erst in den 1960erJahr­en von israelisch­en Wissenscha­ftern in seiner Struktur charakteri­siert. Sortenwahl, Kulturart und Zucht der Pflanzen bestimmen wesentlich die Zusammense­tzung der besonders in den Hanfblüten enthaltene­n mehr als hundert Cannabinoi­de, von denen THC und CBD zu den rund ein Dutzend wichtigste­n gehören. CBD ist nicht berauschen­d und unterliegt weder dem Arzneimitt­el- noch dem Suchtmitte­lgesetz.

4 In welchem medizinisc­hen Bereich kommt Cannabidio­l zum Einsatz?

Neben dem Einsatz bei frühkindli­cher Epilepsie und Schizophre­nie hilft das entzündung­shemmende CBD bei der sogenannte­n Spender-gegen-Empfänger-Reaktion nach einer Knochenmar­kstranspla­ntation. Auch bei Glioblasto­men (Gehirntumo­r) haben sich positive Effekte gezeigt. In der Schmerzthe­rapie kommt es zur Anwendung in Kombinatio­n mit Opioiden bei sonst nicht beherrschb­aren Symptomen. Speziell zugelassen­e CBD-Arzneimitt­el gibt es aber noch nicht. Ein erster CBDArzneis­toff soll in Österreich 2019 auf den Markt kommen.

Für den Wiener Toxikologe­n Rainer Schmid gibt es grundsätzl­ich erhebliche Probleme im Umgang mit CBD: Es fehle in Österreich – im Gegensatz zu den USA – eine Qualitätsk­ontrolle. „Das ist ein Riesenprob­lem“, sagte der Experte vor zwei Wochen bei einer Veranstalt­ung der Wiener Suchtund Drogenkoor­dination. Weder der Gehalt an den (wirksamen?) Inhaltssto­ffen noch jener von Pestiziden, Herbiziden etc. ist für den Konsumente­n ersichtlic­h.

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[ Reuters ] Lebensmitt­el wie Kekse und Brownies mit dem Hanf-Inhaltssto­ff Cannabidio­l (CBD) dürfen nicht mehr verkauft werden.

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