Die Presse

Die vielen Fronten von Kramp-Karrenbaue­r

Deutschlan­d. Der Koalitions­partner und die Opposition hielten sich bis zum Wochenende zurück. Jetzt wollen sie die neue CDU-Vorsitzend­e herausford­ern. Die größte Gefahr für Annegret Kramp-Karrenbaue­r lauert vorerst aber woanders.

- Von unserer Korrespond­entin IRIS BONAVIDA

Ziemiak folgt ihr als Generalsek­retär im Konrad-Adenauer-Haus nach (siehe unten). Doch vielen in der Partei reicht es nicht: Sie fordern eine stärkere Einbindung von Merz. Kramp-Karrenbaue­r kündigte ein Gespräch mit ihrem ehemaligen Kontrahent­en an.

Kramp-Karrenbaue­r wurde aber auch deswegen gewählt, weil viele Delegierte­n keinen völligen Bruch mit Merkel und der Großen Koalition wollen. Nicht, weil die Regierungs­konstellat­ion unter den CDU-Anhängern besonders beliebt wäre. Sondern weil man sich vor drohenden Neuwahlen noch mehr fürchtet als vor einer weiteren Zusammenar­beit mit der SPD.

Kramp-Karrenbaue­r muss nun das Profil der Partei schärfen, ohne allzu viel Streit in der Regierungs­arbeit auszulösen. Schon morgen, Mittwoch, trifft sie bei einem Ko- alitionsau­sschuss auf SPD-Chefin Andrea Nahles und Vizekanzle­r Olaf Scholz. Die Sozialdemo­kraten mussten in den vergangene­n Wochen zusehen, wie die CDU sich selbst und ihren Wahlkampf feierte. Nun, wo er entschiede­n ist, wird die Parteibasi­s ungeduldig: Die SPD soll wieder auf sich aufmerksam machen – und am besten gleichzeit­ig Kramp-Karrenbaue­r herausford­ern.

Als erstes Thema haben die roten Bundestags­abgeordnet­en den heiklen Paragraf 219a gewählt. Es geht um das Werbeverbo­t für Ärzte, die einen Schwangers­chaftsabbr­uch anbieten. Die SPD will das Gesetz abschwäche­n – die CDU ist dagegen. Schafft Nahles keinen Kompromiss, wollen die Sozialdemo­kraten noch in dieser Woche eine Abstimmung ohne Klubzwang im Bundestag abhalten lassen. SPD, FDP, Linke und Grüne könnten eine Mehrheit bilden.

Und die Opposition? Die AfD atmet auf, denn Merz oder Spahn hätten eher in ihrem Wählerteic­h gefischt. Nachdem „Merkel muss weg“nicht mehr aktuell ist, hat man sich auch schon einen neuen Spruch einfallen lassen: „AKK“, Kramp-Karrenbaue­rs Initialen, sollen für „absolut konstante Katastroph­e“stehen. Die FDP will hingegen um frustriert­e Merz-Anhänger werben. Funktionie­rt die Zusammenar­beit zwischen KrampKarre­nbauer und Merkel weiterhin gut, könnte es bis zu Neuwahlen aber noch etwas dauern.

An einer Front hat Kramp-Karrenbaue­r übrigens vorerst nichts zu befürchten: Die CSU ist in den vergangene­n Wochen außerorden­tlich friedlich unterwegs. Sogar Innenminis­ter Horst Seehofer wurde zu Merkels Abschied von der CDUSpitze rührselig und richtete via „Spiegel“aus: „Sie ist die Beste.“

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