Jung, männlich, konservativ
CDU. Paul Ziemiak ist kein typischer Generalsekretär. Auch deswegen erhielt er den Job.
Wurde die Lautstärke seines Mikrofons leiser gedreht, damit seine Rede schwächer wirkt? Waren die Scheinwerfer bei seinem Auftritt besonders hell, um ihn ins Schwitzen zu bringen? Manch enttäuschter Anhänger von Friedrich Merz versuchte am CDU-Parteitag mit Verschwörungstheorien die Niederlage zu erklären. Der Wirtschaftsanwalt habe sich als Parteichef nur nicht durchgesetzt, weil die CDU-Spitze ihn mit allen Mitteln verhindern wollte.
Daran ist wenig dran, Merz durfte sogar seine Redezeit um knappe zehn Minuten überziehen. Die Gerüchte beweisen aber eines: Die 51,75 Prozent der Delegiertenstimmen reichten am Bundesparteitag für Annegret Kramp-Karrenbauer zwar, um CDU-Chefin zu werden. Um es erfolgreich zu bleiben, muss Angela Merkels Nachfolgerin nun aber die gesamte CDU hinter sich vereinen.
Merz und auch der dritte Bewerber, Gesundheitsminister Jens Spahn, hätten viel eher als KrampKarrenbauer einen Neuanfang bei den Christdemokraten bedeutet. Für einen stärkeren Fokus auf den Konservativismus, auf Unternehmerfreundlichkeit. Ihre Unterstützer will Kramp-Karrenbauer daher mit einer anderen Personalentscheidung besänftigen: Der 33-jährige Merkel-Kritiker Paul
Es ist Freitagabend, gegen Mitternacht, und Paul Ziemiak ist auf der Tanzfläche der Messehalle Hamburg. Der CDUBundesparteitag ist vorbei, seine Junge Union serviert Gin Tonic, und trotzdem ist nicht jeder in Feierlaune. Parteikollegen, die mit der neuen Chefin, Annegret KrampKarrenbauer, unglücklich sind, lassen ihren Frust an Ziemiak aus. So erzählt er es zumindest selbst. „Mensch, selbst wenn du so ein Angebot bekommst, kannst du es schwer annehmen“, sagen sie also dem 33-jährigen JU-Chef aus dem Sauerland. Es gibt Gerüchte, dass er Generalsekretär werden soll.
Und tatsächlich, noch jemand kommt an diesem Abend auf Ziemiak zu: Kramp-Karrenbauer. Sie bietet ihm den Job an, nicht zum ersten Mal. Jetzt sagt Ziemiak zu. 62,8 Prozent der Delegierten stimmen für ihn am Tag darauf. Ein „ehrliches Ergebnis“, nennt er es. Es ist vor allem ein schwaches.
Für viele kommt die Personalentscheidung überraschend: Ziemiaks Lebenslauf ist für einen CDU-Generalsekretär ungewöhnlich. Mit drei Jahren kam er mit seinen Eltern von Polen nach Deutschland, sie leben ein paar Wochen im Auffanglager UnnaMassen. Seine Mutter starb vor elf Jahren an Krebs, Ziemiak pflegt sie vor ihrem Tod. Sein Studium schließt er nicht ab. Er konzentriert sich auf die Politik.
Der Grund, warum Ziemiak zunächst nicht Generalsekretär werden wollte, ist auch jener, warum ihn viele Delegierte nicht gewählt haben: Es fühlt sich ein bisschen nach Verrat an. Die Junge Union ist wie Ziemiak konservativer als ihre Mutterpartei, steht kritisch zu Angela Merkel. Man ist eng mit Jens Spahn, hat Sympathien für Friedrich Merz. Ziemiak will auch nicht Kramp-Karrenbauer gewählt haben. Nun zieht er ausgerechnet unter ihr in die Parteizentrale ein. (ib)