FPÖ hat Chance auf Schadenersatz
Hofburgwahl. Die Freiheitlichen fordern Geld, weil die Bundespräsidentenwahl 2016 wiederholt wurde. Die Chancen dafür sind intakt, auch wenn die Partei selbst die Wahlwiederholung erzwang.
Sollte der Bundespräsidentschaftswahlkampf 2016 je verfilmt werden, könnten die Kinos die Lettern für „Die unendliche Geschichte“wieder aus der Schublade holen. Nicht nur, dass die Kür des Staatsoberhaupts nach einer Stichwahl, der Aufhebung der Stichwahl, der Verschiebung der neuerlichen Stichwahl und der schließlich doch noch ergangenen Wahlentscheidung viele Monate in Anspruch nahm. Nun, zwei Jahre später, steht auch noch ein Rechtsstreit übers Geld ins Haus.
Die FPÖ fordert 3,4 Millionen Euro Schadenersatz vom Bund, weil der Wahlkampf ihres schließlich unterlegenen Kandidaten Norbert Hofer teurer als gedacht kam. Aber welche Chancen hat die Klage, könnte der Bund sich an Wahlbeisitzern schadlos halten, und welche Rolle spielt es, dass der damalige FPÖ-Wahlkampfleiter Herbert Kickl heute der für Wahlen zuständige Innenminister ist?
1 Welche Fragen gilt es bei dem Rechtsstreit zu klären?
Die FPÖ strebt eine Amtshaftungsklage an, wie Generalsekretär Christian Hafenecker der „Kronen Zeitung“sagte. Denn Unregelmäßigkeiten bei den Behörden hätten die Wahlaufhebung nötig gemacht.
Verjährt sind die Ansprüche aus 2016 nicht, die Frist dafür beträgt drei Jahre. Klar sei auch, dass Wahlbehörden als Verwaltungsbehörden einzustufen sind und eine Amtshaftungsklage möglich sei, analysiert Karl Stöger, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Graz. Allerdings gebe es für Bundespräsidentschaftswahlen gar keine Wahlkampfkostenrückerstattung. Und dazu kommt, dass die FPÖ, die nun Geld zurückfordert, bei der Wahl gar nicht antrat. Wahlwerber war Norbert Hofer als Person selbst.
2 Kann es der FPÖ schaden, dass sie die Wahlwiederholung erzwang?
Die Wiederholung der Wahl wurde nötig, weil der Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtsverstöße erblickt hatte. So wurden etwa Regeln für die Auszählung von Briefwahlkarten missachtet. Den VfGH angerufen hatten Hofer und FPÖChef Heinz-Christian Strache in seiner Funktion als Zustellungsbevollmächtigter von Hofer.
Dass die FPÖ die Wahlwiederholung selbst wollte, dürfte ihr rechtlich nicht auf den Kopf fallen. Eher im Gegenteil: Durch das von ihr erzwungene VfGH-Erkenntnis wurde höchstgerichtlich festgestellt, dass es ein Fehlverhalten der Behörden gab, was die Amtshaftungsklage erleichtert.
Und hat die FPÖ nun Chancen auf Schadenersatz? „Ich halte das für durchaus möglich“, sagt Andreas Kletecka,ˇ Professor für Privatrecht an der Universität Salzburg. Bei Verfehlungen der Wahlbehörden solle ein Schadenersatz möglich sein, weil man sonst einen Kandidaten behindern könnte, wenn ihm durch Wahlwiederholungen das Geld ausgehe, meint Kleteckaˇ grundsätzlich. Und es sei auch denkbar, dass eine Partei als Geldgeberin eines Wahlwerbers vom Schutzbereich des Gesetzes mitumfasst ist, meint der Experte im Gespräch mit der „Presse“.
3 Inwiefern ist die Doppelrolle von Herbert Kickl bedeutend?
Bevor man eine Amtshaftungsklage einbringt, ist es üblich, den Bund zur Zahlung aufzufordern. Darauf wird die Finanzprokuratur für die Republik tätig, sie hält Rücksprache mit dem betroffenen Ministerium und empfiehlt ein bestimmtes Vorgehen. Das Ministerium für Wahlfragen ist das Innenministerium. Und Ressortchef Herbert Kickl war im Wahlkampf noch FPÖ-Generalsekretär und Herr über die Kampagne Hofers.
Wäre es also erlaubt, dass Kickl nun die Anweisung gibt, der FPÖ das Geld zurückzuzahlen? „Das wäre eine sehr heikle Geschichte“, erklärt Jurist Stöger. Wenn eine Befangenheit im Raum stehe, wäre es anzuraten, dass die Bundesregierung als Gesamtes in die Entscheidung eingebunden werde.
Will die Republik nicht zahlen, gälte es, den Prozess mit der FPÖ vor Zivilgerichten auszufechten.
4 Könnte der Bund den Schaden auf einzelne Wahlbeisitzer abwälzen?
Haben die für den Bund handelnden Personen grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt, darf der Bund bei ihnen regressieren. Die Frage sei aber, ob hier nicht ein Systemversagen vorgelegen sei, meint Stöger. Jahrelang sei die Praxis bei der Auszählung so gelebt worden. Kleteckaˇ hält den Nachweis der groben Fahrlässigkeit bei einzelnen Wahlbehördenmitgliedern für schwierig. „Ich halte das für nicht sehr wahrscheinlich.“
Der Unterstützerverein von Hofers siegreichem Kontrahenten Alexander Van der Bellen wird keinen Schadenersatz fordern. Man wolle keinen Streit auf Kosten der Steuerzahler und auch nicht, dass einfache Wahlbeisitzer zahlen müssen, so Obmann Lothar Lockl.