„Bei Gerichtsgebühren sind wir Europameister“
Anwältekritik. Nicht nur das gesamte Justizbudget, sondern auch noch völlig andere Bereiche des Staatshaushalts werden in Österreich durch Gerichtsgebühren finanziert. Die Anwaltschaft sieht den Zugang zum Recht gehemmt.
Die in Österreich üblichen hohen Gerichtsgebühren würden den Zugang zum Recht erheblich erschweren. Dies kritisierten am Montag Österreichs Rechtsanwälte, konkret: der Rechtsanwaltskammertag (Örak), die Plattform aller Anwaltskammern.
„Bei den Gerichtsgebühren sind wir Europameister“, beklagte Örak-Präsident Rupert Wolff. Der Deckungsgrad der Justizausgaben (Personalausgaben für Richter und Staatsanwälte, das Justizministerium etc.) betrage 117 Prozent. Auf Platz zwei folgt die Türkei mit 62 Prozent. Danach Deutschland und Malta mit je 43 Prozent. Wolff: „Von 2010 bis 2016 sind die jährlichen Einnahmen aus Gerichtsgebühren in Österreich um 41 Prozent gestiegen.“
Kritik an Landeschef Niessl
Derzeit liegen die Einnahmen bei mehr als einer Milliarde Euro. Eine Gebührendeckelung wie in Deutschland sei geboten. Vor allem bei saftigen Streitwerten, etwa bei Zivilrechtsstreitigkeiten zwischen Großunternehmen, gebe es exorbitant hohe Gebühren.
Auch äußerten die Anwälte, die ihren jährlichen „Wahrnehmungsbericht“präsentierten (in diesem werden rechtsstaatliche Mängel aufgelistet), harte Kritik an der Besetzung des Postens des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichts Burgenland. Die auf die Büroleiterin von SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl zugeschnittene Ausschreibung sei „höchst problematisch“, sagte Örak-Vizechef Bernhard Fink. Und: „Das ist Freunderlwirtschaft.“
Auch bei den Gesetzgebungsverfahren zeigte sich der Örak kritisch: Die vom Kanzleramt emp- fohlene sechswöchige Begutachtungsfrist sei zuletzt in 76 Prozent der Fälle nicht eingehalten worden. Teilweise würden gar keine Begutachtungen vorgenommen. Wolff: „Begutachtungsverfahren müssen ernst genommen werden.“
Zudem wollen die Anwälte eine räumliche Trennung von Richtern und Staatsanwälten. Um nicht zu viel Nähe entstehen zu lassen, sollten Letztere aus den Gerichtsgebäuden ausgesiedelt und nahe von polizeilichen Einrichtungen untergebracht werden.