Die Presse

„Jetzt ist nicht die Zeit, um Gas zu geben“

Budget. Der neue Fiskalrats­chef, Gottfried Haber, freut sich über eine schwarze Null im Budget. Er mahnt aber Vorsicht bei der Steuerrefo­rm ein – und rät von Maßnahmen ab, die die Wirtschaft beleben sollten. Der Schuldenst­and sinkt weiter.

- DIENSTAG, 11. DEZEMBER 2018

Gottfried Haber ist in seiner neuen Rolle als Präsident des Fiskalrats angekommen. Bei der Präsentati­on des ersten Jahresberi­chts unter seiner Führung tut Haber eben das, was der Präsident des Fiskalrats tut: Er lobt ein bisschen, wenn es sinnvoll ist. Etwa die fallende Schuldenqu­ote. Oder die Tatsache, dass Österreich schon heuer ein Nulldefizi­t schaffen wird. Unterm Strich steht eine schwarze Null.

Haber lobt aber nicht nur, er tadelt auch und mahnt und fordert. Damit die Regierung nicht vergisst, dass der Fiskalrat auch unter dem 46-jährigen Ökonomen das Rechnen nicht verlernen wird: „Viele Hausaufgab­en wurden gemacht, andere stehen noch aus“, so Haber in Richtung Politik. Etwaige Wahlzucker­ln, etwa für den EU-Termin, seien aber zu vermeiden: „Für 2019 sehen wir sehr wenig Spielraum für kurzfristi­ge Entlastung­smaßnahmen. Langfristi­ge Reformen haben durchaus Sinn.“

Unterstütz­ende Maßnahmen seien inzwischen unangebrac­ht: „Jetzt ist nicht die Zeit, bei der Wirtschaft Gas zu geben.“Man solle keine Überhitzun­g der Konjunktur ris- kieren, so der Ökonom. Heuer wird die Republik also eine schwarze Null im Budget erreichen. Für das kommende Jahr rechnet der Fiskalrat sogar mit einem kleinen Überschuss von 0,2 Prozent des Bruttoinla­ndprodukts (BIP). Der Schuldenst­and dürfte schon im kommenden Jahr auf unter 70 Prozent des BIPs fallen und Ende 2019 bei 69,5 Prozent liegen. Heuer liegt die Quote noch bei 73,4 Prozent.

Sowohl für das Budget als auch für die sinkende Schuldenqu­ote kann die Regierung sich vor allem bei der guten Wirt- schaftslag­e bedanken. Dazu kommen günstige Zinsen, weil Anleger Österreich als sicheren Hafen betrachten. Als Folge dessen soll 2019 noch besser als das laufende Jahr werden. Trotz durch den Familienbo­nus abgeschwäc­hte Staatseinn­ahmen und das leicht gedrosselt­e Wachstum, das für das kommende Jahr zu erwarten ist.

Ohne die gute Konjunktur würden auch die Zahlen zur Staatsvers­chuldung keineswegs so gut aussehen, wie sie es tun. Das bedeutet aber auch: Geht es der Wirtschaft weiter gut, geht es auch den Staatsfina­nzen gut. Bleibt das Defizit kleiner als 0,5 Prozent und kommt es zu keiner Rezession, sollte bis 2026 die Senkung der Quote auf unter 60 Prozent möglich sein. Dann würde Österreich auch die Maastricht-Kriterien wieder erfüllen. Brummt die Konjunktur weiter, könnte es schon 2023 so weit sein.

Gegenfinan­zierung für Steuerrefo­rm?

Mit Bezug auf die geplante Steuerrefo­rm mahnt der Fiskalrats­chef Vorsicht ein. Österreich habe zwar eine sehr hohe Abgabenquo­te, dennoch sei bei einer Senkung die Gegenfinan­zierung zu beachten, damit das Budget nicht zu stark belastet wird. „Wir sehen generell, dass die Konjunktur jetzt danach ruft, dass man ein neutrales Budget oder sogar Überschüss­e macht.“Sparpotenz­iale seien vor allem durch Strukturre­formen zu heben.

Zudem fordert er eine genauere Formulieru­ng der Regeln zur Folgenabsc­hätzung von Reformen. Ökonomen sollen die Vorschläge der Politik durchrechn­en. Und zwar nicht pauschal, sondern abhängig von der Größe des Vorhabens: „Je komplexer das Reformvorh­aben, desto genauer muss man Folgen abschätzen.“

Eine Folge, die man jetzt schon verhindern könnte, sei die kalte Progressio­n, sagt Lukas Sustala, Ökonom bei der Agenda Austria: „Die Steuerrefo­rm sollte den automatisc­hen Steuererhö­hungen durch die kalte Progressio­n ein für alle Mal ein Ende bereiten, damit sich die Steuerzahl­er nicht mehr eine vermeintli­che Reform alle fünf Jahre selbst vorfinanzi­eren.“(jil)

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