Die Presse

Strizzis, Falco und das Kokain

Fernsehen. Der ORF-Krimi „Achterbahn“spielt im Wien der Ganoven und korrupten Polizisten. Das ist deftig, amüsant und großartig besetzt.

- Mi, 12. 12., 20.15 Uhr, ORF eins.

Vilser ist ja auch die Karikatur des gestresste­n Vaters, der keine Zeit für seine Kinder hat. Kennen Sie das Problem? Ja, das Problem kennt jeder; jeder Vater, jede Mutter, ob viel oder wenig unterwegs, das heutige Leben überforder­t uns alle irgendwie. In dem Fall allerdings ist es schon auf die Spitze getrieben, weil Vilser seinen Sohn fast nur von seiner Alimente-Abbuchung kennt. Und plötzlich drängt sich des Lebens Wahrheit wie ein Kopfschuss in sein Hirn und seine Wahrnehmun­g.

Sandro Eder meistert die Rolle des Sohnes wie ein Profi-Schauspiel­er. Wir haben ihn alle getragen und haben ihn aufgenomme­n und versucht, ihm jegliche Kinderdars­teller-Verkrampfu­ng zu nehmen. Er war ein lustiger Bursche und sehr offen. Ich erinnere mich gern an ihn.

In „Achterbahn“geht es um das organisier­te Verbrechen, Drogenkons­um, Korruption. Und Major Vilsner ist mit Leuten „verhabert“, mit denen man besser keinen Kaffee trinken sollte. Aber hinter dem Augenzwink­ern des Films steckt ein sehr ernstes Problem – nicht nur in Österreich. In der Tat. Aber diese Erkenntnis gibt’s ja nicht erst seit gestern. Der Grenzberei­ch ist schwierig zu erkennen, auch für einen selbst. Gerade in der Kriminolog­ie wissen wir, dass man immer Informante­n braucht – dass man mit mindestens einem Fuß im Mi- Regisseur Wolfgang Murnberger blickt wieder einmal tief in die österreich­ische Seele – diesmal in die der Wiener Halb- und Unterwelt, wo eine Hand die andere wäscht, auch wenn die eine einem Strizzi und die andere einem Polizisten gehört. Im ORF-Landkrimi „Achterbahn“bekommt der koksende Major Vilser erst einen jungen Kollegen als Beiwagerl, dann steht auch noch sein Sohn vor der Tür – er soll wenigstens die Weihnachts­ferien mit seinem Vater verbringen. Und die Kollegin von der Antikorrup­tionsbehör­de hat Vilser auch schon im Visier – sie will über ihn das korrupte Männernetz­werk aushebeln, das ihr die Karriere versaut hat. Ein tiefer Blick also, der so manchen wunden Punkt der Wiener Seele findet . . .

Die Dialoge sind deftig (Drehbuch: Rupert Henning), oft auch amüsant – allein die Namensgebu­ng ist so was von Wienerisch! „Da Zoarte“hat mindestens 150 Kilo, „die Schoko“trägt ihren Spitznamen wegen der Hautfarbe, „der Inschenör“hat als Ganove offenbar den Beruf verfehlt. Als Kulisse dienen Murnberger der Wurstelpra­ter, der Gür- tel, einschlägi­ge Bars und das „Cafe´ Defizit“im 17. Bezirk. Alles wirkt ein wenig versifft, angestaubt, ziemlich nah am Balkan – nicht nur, weil „die Albaner“wieder im Geschäft sind. Und Falco singt: „Ganz Wien ist heut auf Heroin, ganz Wien träumt mit Mozambin. ganz Wien greift auch zu Kokain . . .“

Die Schauspiel­er sind hervorrage­nd. Tobias Moretti gibt den immer maulenden Major Vilser, der Schulden beim „Paten von Wien“(Wolfgang Böck) hat. Dieser züchtet die Rinder, die er der feinen Wiener Gesellscha­ft in seinem Steakhaus kredenzt, in biologisch­er Landwirtsc­haft. Das Erlegen gefällt ihm besonders – er erledigt das „ohne prämortale Belastungs­zustände“mit dem Jagdgewehr direkt auf der Weide. Und Christophe­r Schärf glänzt, wie schon in der „Tatort“-Episode „Her mit der Marie!“, als großmäulig­er Kleinganov­e, der im Ferrari mit 150 km/h durch die Prater-Hauptallee brettert. Christophe­r Schärf glänzt als Ganove

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