Josef Mosers großer Wurf steht aus
Analyse. Der Minister zeigte in seinem ersten Jahr Einsatz, der große Wurf steht aber noch aus.
Was der Justiz- und Reformminister schon weitergebracht hat – und was nicht. Eine Analyse.
Wien. „Ich wollte damit nicht zu lange sein, aber ich weiß, ich war schon zu lange.“Ausführlich hatte Justiz- und Reformminister Josef Moser soeben über sein erstes Jahr in der Regierung Bilanz gezogen. Er zeigte sich am Dienstag bei einer Pressekonferenz sehr zufrieden mit seiner Arbeit. Um das zu untermauern, legte er eine 69 Seiten dicke Broschüre vor.
Doch es gibt auch andere Töne, sogar vonseiten des Koalitionspartners. So rechneten die FPÖ-Landesparteichefs von Tirol und Vorarlberg, Markus Abwerzger und Christof Bitschi, gerade erst mit Moser ab. Dieser müsse endlich tätig werden, er vernachlässige das Justizressort. Aber wie ist die Arbeit des Ministers nach einem Jahr wirklich zu beurteilen?
Die Bereinigung
Auf Initiative des Ministers wurden 2500 Rechtsvorschriften, die keine Bedeutung mehr hatten, beseitigt. Alle Gesetze, die vor dem Jahr 2000 in Kraft traten, wurden vom Parlament aufgehoben. Nur jene, die explizit genannt wurden, durften weiter bestehen. Die Prüfung scheint gelungen. Bisher hat sich trotz Warnungen von Kritikern wegen der gewählten Methode noch kein Gesetz gefunden, das unabsichtlich aufgehoben wurde. Einen wirklichen Nutzen hat die Reform aber auch nicht gebracht. Denn die aufgehobenen Normen waren nur jene, die ohnedies bereits als totes Recht galten.
Das Thema Gold Plating (Abschaffung der Übererfüllung von EU-Recht) läuft gerade erst an, hier will Moser Bürokratie abbauen.
Die Kompetenzreform
Der Bund kann künftig allein über Gerichtsgrenzen entscheiden. Dieser von Moser mit den Ländern ausverhandelte Pakt erleichtert insbesondere Schließungen kleiner Bezirksgerichte. Umgekehrt dürfen die Länder allein über ihre politischen Bezirke entscheiden.
Mit dem Ausräumen begonnen hat Moser auch bei jenen Materien, in denen der Bund Grundsatzgesetze erlässt, die Länder aber für die Ausführungsgesetze und die Vollziehung zuständig sind. Künftig soll entweder der Bund oder das Land allein zuständig sein. Das ist ein richtiger Ansatz. Wenn die Regierung dabei aber von der „größten Verfassungsreform seit 1929“spricht, erzeugt das völlig überzo- gene Erwartungen. Die bisherige Einigung ist eher ein Reförmchen. Sie umfasst zwar mehrere Punkte, aber es sind unspektakuläre wie etwa der Schutz von Pflanzen vor Schädlingen. Am heikelsten ist noch die Jugendfürsorge, die (mit Vorgaben für Mindeststandards) zu den Ländern kommt.
Doch gerade bei den großen Themen Mindestsicherung, Krankenhäuser oder Elektrizitätswesen fehlt noch die Einigung zwischen Bund und Ländern. Diese Themen, so kündigte Moser an, wolle er aber nächstes Jahr angehen.
Die Justiz
Als die Regierungsspitze noch das Thema scheute, sprach Moser davon, dass die Ehe und die Eingetragene Partnerschaft für alle ab Jänner 2019 kommen sollen. Das ergebe sich aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs. Nach längeren Diskussionen stimmte die Koalition dieser Ansicht zu.
Im Strafrecht setzte Moser ein Paket um, das die Überwachung von verschlüsselten Nachrichten (WhatsApp, Skype) ermöglicht. Im Maßnahmenvollzug will er demnächst Reformvorschläge vorstellen (etwa eine bessere Begutachtung der Betroffenen), die Finanzierung ist aber noch unklar.
Dass die Taskforce zur Strafrechtsreform bei der im Innenministerium sitzenden Staatssekretärin Karoline Edtstadler angesiedelt wurde, klang nach einer Entmachtung Mosers. Immerhin wird die Arbeitsgruppe zu den strafrechtlichen Gesetzen vom Generalsekretär des Justizministeriums geleitet.
Und vernachlässigt Moser nun das Justizressort, wie es FPÖ-Ver- treter meinen? „Wenn Kritik begründet ist, geht man dem nach. Wenn Kritik nicht begründet ist, dann nimmt man sie zur Kenntnis“, sagte Moser. Auch von Rücktrittsplänen, die Moser im Frühjahr wegen Streits ums Budget und mangelnder Unterstützung für seine Ideen gehabt haben soll, war am Dienstag keine Rede: „Sie sehen, dass ich mit voller Kraft dastehe.“
Unterm Strich bleibt, dass Moser öffentlich bisher mehr als Verfassungs-, denn als Justizminister in Erscheinung getreten ist. Thematisch ist er aber in beiden Gebieten firm, wie sich bei Nachfragen immer wieder zeigt. Man nimmt Moser auch ab, dass er etwas verändern will. Dass er aber den klingenden Namen Reformminister zu Recht trägt, muss er noch mit größeren Projekten beweisen. 2019 wäre ein gutes Jahr dafür.