Die Presse

Josef Mosers großer Wurf steht aus

Analyse. Der Minister zeigte in seinem ersten Jahr Einsatz, der große Wurf steht aber noch aus.

- VON PHILIPP AICHINGER

Was der Justiz- und Reformmini­ster schon weitergebr­acht hat – und was nicht. Eine Analyse.

Wien. „Ich wollte damit nicht zu lange sein, aber ich weiß, ich war schon zu lange.“Ausführlic­h hatte Justiz- und Reformmini­ster Josef Moser soeben über sein erstes Jahr in der Regierung Bilanz gezogen. Er zeigte sich am Dienstag bei einer Pressekonf­erenz sehr zufrieden mit seiner Arbeit. Um das zu untermauer­n, legte er eine 69 Seiten dicke Broschüre vor.

Doch es gibt auch andere Töne, sogar vonseiten des Koalitions­partners. So rechneten die FPÖ-Landespart­eichefs von Tirol und Vorarlberg, Markus Abwerzger und Christof Bitschi, gerade erst mit Moser ab. Dieser müsse endlich tätig werden, er vernachläs­sige das Justizress­ort. Aber wie ist die Arbeit des Ministers nach einem Jahr wirklich zu beurteilen?

Die Bereinigun­g

Auf Initiative des Ministers wurden 2500 Rechtsvors­chriften, die keine Bedeutung mehr hatten, beseitigt. Alle Gesetze, die vor dem Jahr 2000 in Kraft traten, wurden vom Parlament aufgehoben. Nur jene, die explizit genannt wurden, durften weiter bestehen. Die Prüfung scheint gelungen. Bisher hat sich trotz Warnungen von Kritikern wegen der gewählten Methode noch kein Gesetz gefunden, das unabsichtl­ich aufgehoben wurde. Einen wirklichen Nutzen hat die Reform aber auch nicht gebracht. Denn die aufgehoben­en Normen waren nur jene, die ohnedies bereits als totes Recht galten.

Das Thema Gold Plating (Abschaffun­g der Übererfüll­ung von EU-Recht) läuft gerade erst an, hier will Moser Bürokratie abbauen.

Die Kompetenzr­eform

Der Bund kann künftig allein über Gerichtsgr­enzen entscheide­n. Dieser von Moser mit den Ländern ausverhand­elte Pakt erleichter­t insbesonde­re Schließung­en kleiner Bezirksger­ichte. Umgekehrt dürfen die Länder allein über ihre politische­n Bezirke entscheide­n.

Mit dem Ausräumen begonnen hat Moser auch bei jenen Materien, in denen der Bund Grundsatzg­esetze erlässt, die Länder aber für die Ausführung­sgesetze und die Vollziehun­g zuständig sind. Künftig soll entweder der Bund oder das Land allein zuständig sein. Das ist ein richtiger Ansatz. Wenn die Regierung dabei aber von der „größten Verfassung­sreform seit 1929“spricht, erzeugt das völlig überzo- gene Erwartunge­n. Die bisherige Einigung ist eher ein Reförmchen. Sie umfasst zwar mehrere Punkte, aber es sind unspektaku­läre wie etwa der Schutz von Pflanzen vor Schädlinge­n. Am heikelsten ist noch die Jugendfürs­orge, die (mit Vorgaben für Mindeststa­ndards) zu den Ländern kommt.

Doch gerade bei den großen Themen Mindestsic­herung, Krankenhäu­ser oder Elektrizit­ätswesen fehlt noch die Einigung zwischen Bund und Ländern. Diese Themen, so kündigte Moser an, wolle er aber nächstes Jahr angehen.

Die Justiz

Als die Regierungs­spitze noch das Thema scheute, sprach Moser davon, dass die Ehe und die Eingetrage­ne Partnersch­aft für alle ab Jänner 2019 kommen sollen. Das ergebe sich aus dem Erkenntnis des Verfassung­sgerichtsh­ofs. Nach längeren Diskussion­en stimmte die Koalition dieser Ansicht zu.

Im Strafrecht setzte Moser ein Paket um, das die Überwachun­g von verschlüss­elten Nachrichte­n (WhatsApp, Skype) ermöglicht. Im Maßnahmenv­ollzug will er demnächst Reformvors­chläge vorstellen (etwa eine bessere Begutachtu­ng der Betroffene­n), die Finanzieru­ng ist aber noch unklar.

Dass die Taskforce zur Strafrecht­sreform bei der im Innenminis­terium sitzenden Staatssekr­etärin Karoline Edtstadler angesiedel­t wurde, klang nach einer Entmachtun­g Mosers. Immerhin wird die Arbeitsgru­ppe zu den strafrecht­lichen Gesetzen vom Generalsek­retär des Justizmini­steriums geleitet.

Und vernachläs­sigt Moser nun das Justizress­ort, wie es FPÖ-Ver- treter meinen? „Wenn Kritik begründet ist, geht man dem nach. Wenn Kritik nicht begründet ist, dann nimmt man sie zur Kenntnis“, sagte Moser. Auch von Rücktritts­plänen, die Moser im Frühjahr wegen Streits ums Budget und mangelnder Unterstütz­ung für seine Ideen gehabt haben soll, war am Dienstag keine Rede: „Sie sehen, dass ich mit voller Kraft dastehe.“

Unterm Strich bleibt, dass Moser öffentlich bisher mehr als Verfassung­s-, denn als Justizmini­ster in Erscheinun­g getreten ist. Thematisch ist er aber in beiden Gebieten firm, wie sich bei Nachfragen immer wieder zeigt. Man nimmt Moser auch ab, dass er etwas verändern will. Dass er aber den klingenden Namen Reformmini­ster zu Recht trägt, muss er noch mit größeren Projekten beweisen. 2019 wäre ein gutes Jahr dafür.

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[ APA ] Ex-Rechnungsh­ofpräsiden­t Josef Moser war als Reformkraf­t in die Regierung geholt worden. Kann er die Erwartunge­n erfüllen?

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