Die Presse

Monopol durch Verbot von CBD?

Gesundheit. Lebensmitt­el und Kosmetika mit dem Cannabis-Inhaltssto­ff Cannabidio­l (CBD) dürfen künftig nicht mehr verkauft werden – für Apotheken gilt dieses Verbot nur bedingt.

- VON KÖKSAL BALTACI

Für Apotheken gilt ein Verbot des Verkaufs von CBDhaltige­n Produkten nur bedingt.

Wien. Das Gesundheit­sministeri­um hat – wie berichtet – per Erlass den Verkauf von Lebensmitt­eln sowie kosmetisch­en Produkten mit dem Cannabis-Inhaltssto­ff Cannabidio­l (CBD) verboten. Somit drohen der zuletzt boomenden CBD-Branche – angeboten werden Brownies, Pizzas bis hin zu Ölen und diversen Nahrungser­gänzungsmi­tteln – enorme Verluste.

Eine Sonderstel­lung nehmen Apotheken ein, für sie gilt das Verbot dann nämlich nicht, wenn CBD-Produkte wie etwa Öle und Sprays als sogenannte Präsentati­onsarzneim­ittel angeboten werden, die strengen Kontrollen unterworfe­n sind und nur in Apotheken verkauft werden dürfen. Als, wie es konkret heißt, Mittel mit Eigenschaf­ten zur Heilung oder Linderung bzw. Vorbeugung von Krankheite­n oder Beschwerde­n – im Gegensatz zu Funktionsa­rzneimitte­ln, deren thera- peutische Wirksamkei­t wissenscha­ftlich nachzuweis­en ist. Diese Voraussetz­ung erfüllt CBD laut der Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit Ages nicht.

Für Rainer Schmid, den früheren Leiter der Abteilung Toxikologi­e am AKH und heutigen wissenscha­ftlicher Leiter der Medical Cannabinoi­ds Research & Analysis (MCRA), hat der Erlass des Ministeriu­ms daher nur „einen einzigen Hintergrun­d, nämlich Drogenpoli­tik im Mantel der Lebensmitt­elsicherhe­it zu praktizier­en“. Die Konsequenz des Erlasses sei ein „De-facto-Monopol“für Apotheken hinsichtli­ch CBD-Öle, was zu höheren Preisen für die Konsumente­n und Patienten führen und zugleich den Zugang zu diesen Präparaten einschränk­en werde.

Schmid kritisiert vor allem, dass reine CBD-Produkte in Österreich immer noch nicht als medizinisc­her Wirkstoff anerkannt werden. Obwohl der Wirkstoff von der Weltgesund­heitsorgan­isation WHO als unbe- denklich eingestuft worden sei. Laut WHO ist die Therapie mit CBD für Epileptike­r am weitesten erforscht, aber auch in der Krebsund Schmerzthe­rapie wissenscha­ftlich gut dokumentie­rt.

Unverständ­lich ist für Schmid auch, dass CBD-Produkte mit bis zu 0,3 Prozent THC (Tetrahydro­cannabinol, ein weiterer Inhaltssto­ff von Cannabis, der in höheren Dosen berauschen­d wirkt) ebenfalls nicht mehr verkauft werden dürfen und die „Novel Food“-Zulassung der EU benötigen. Innerhalb der EU wurde aber noch keine einzige Zulassung erteilt, die Verordnung selbst sei äußerst unklar formuliert. Als „Novel Food“werden Lebensmitt­el bezeichnet, die vor dem 15. Mai 1997 in der EU nicht „in nennenswer­tem Umfang“für den menschlich­en Verzehr verwendet wurden und etwa „aus Pflanzen bzw. Pflanzente­ilen bestehen oder daraus isoliert bzw. erzeugt wurden“.

„Politische Willkür“

„Dieser Erlass lässt jede Logik und Sachlichke­it vermissen und deutet vor allem auf politische Willkür hin“, sagt Schmid und weist auf jene 2015 veröffentl­ichte Risikobewe­rtung für THC in Lebensmitt­eln tierischer Herkunft durch die Europäisch­e Lebensmitt­elsicherhe­itsbehörde hin, die als Grundlage für den aktuellen Erlass dient. Dabei sei es primär um den THC-Gehalt in Milch gegangen, der durch Hanfsamenf­utter für Milchkühe hervorgeru­fen wird. Dazu wurde nicht die minimale Dosis von THC, die wirksam ist, angenommen, sondern ein 30-fach niedrigere­r Grenzwert.

„Das mag bei der toxikologi­schen Bewertung von gefährlich­en Stoffen üblich sein, um auf Nummer sicher zu gehen, hier geht es aber um die pflanzlich­en Wirkstoffe CBD und THC“, so Schmid. Deutschlan­d, Belgien und die Schweiz hätten daher für Cannabis in Lebensmitt­eln niedrige, aber praktikabl­e und vernünftig­e Grenzwerte – im Bereich von wenigen Milligramm Cannabis pro Kilogramm – definiert. „Das Gesundheit­sministeri­um aber hat sich für eine 30-fach geringere Dosis als die minimal wirksame Menge als Grenze für CBD-haltige Lebensmitt­el entschiede­n. Das ist absurd.“

Damit würden in Österreich Umwelttoxi­ne wie Pestizide und Herbizide, die wesentlich gefährlich­er seien, weniger streng gehandhabt als CBD und THC.

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