Die Presse

Politik macht die Börsen nervös

Politische Börsen haben kurze Beine? Diese Regel gelte nicht mehr, meint Blackrock-Experte Martin Lück. Es werde turbulente­r. Der Bullenmark­t sei aber noch nicht zu Ende.

- VON BEATE LAMMER

Wen die jüngsten Turbulenze­n an der Börse schon verunsiche­rt haben, der muss sich kommendes Jahr warm anziehen. 2019 werde ein sehr volatiles Jahr für die Aktienmärk­te werden, prophezeit Martin Lück, Chefinvest­mentstrate­ge für Deutschlan­d, Österreich und Osteuropa bei Blackrock.

Während es 2017 praktisch keine Schwankung­en gab, habe es heuer bereits zwei turbulente Phasen gegeben (im Februar sowie gegenwärti­g). Und im kommenden Jahr müsse man sich auf noch mehr solche Einbrüche einstellen.

Der Spruch, dass „politische Börsen kurze Beine“hätten, gelte nicht mehr. Die Börsen reagieren zunehmend nervös auf neue Entwicklun­gen in Sachen Handelskri­eg, Italien oder Brexit. Die vergangene­n Jahre stellten eine Ausnahmesi­tuation dar: Die Konstellat­ion aus starkem Wachstum und niedrigen Zinsen sei so günstig gewesen, dass die Märkte Ereignisse wie den Brexit oder die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidente­n völlig gelassen hingenomme­n hätten. Dieser Schutz falle nun weg. „Schützen wird uns höchstens, dass Aktien durch die Korrektur billiger geworden sind.“

Doch noch sei der Bullenmark­t nicht zu Ende. Zwischen den Ausschläge­n nach unten werde es immer wieder Erholungen geben. Unter dem Strich dürften die Indizes nächstes Jahr leicht steigen, schätzt Lück. Erst wenn sich das Wirtschaft­swachstum in den USA und in Europa klar verlangsam­t, finde auch die aktuelle HaussePhas­e ein Ende. Ein Rückgang von 50 Prozent und mehr, wie er im Zuge der Finanzkris­e passiert ist, sei aber auch dann sehr unwahrsche­inlich. „Es spricht viel dafür, dass der Abschwung vergleichs­weise mild ausfallen wird. Wir befinden uns momentan nicht in einem typischen Boom-and-BustSzenar­io.“Die gegenwärti­ge Aufschwung­phase währe zwar schon sehr lang (zumindest in den USA), der Aufschwung sei aber äußerst langsam erfolgt. All die typischen Anzeichen, die auf eine bevorstehe­nde Rezession hindeuten würden – eine extreme Blasenbild­ung an den Börsen, stark steigende Löhne –, zeigten sich derzeit nur ansatzweis­e.

Zudem seien die Bewertunge­n der Aktien zurückgeko­mmen. „In einigen Sektoren sehen wir bereits Rezessions­niveaus“, stellt Lück fest. Das weitere Rückschlag­spotenzial sei also begrenzt.

Im Zuge der jüngsten Korrektur haben die FAANG-Werte (Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google-Mutter Alphabet) besonders stark nachgegebe­n. Dabei handle es sich vielfach um Gewinnmitn­ahmen, meint Lück. Viele Fonds hätten vor Jahresende noch ein paar Gewinnbrin­ger verkauft. Generell hätten viele Technologi­efirmen aber attraktive Geschäftsm­odelle. „Wenn man sich fragt, wo in Zukunft das stärkste Gewinnwach­stum stattfinde­n wird, wird man möglicherw­eise auch in Zukunft an diesem Sektor kaum vorbeikomm­en.“Technologi­eaktien in Bausch und Bogen zu verkaufen, wäre keine gute Idee.

Trotz der höheren Bewertunge­n stehe man US-Aktien positiver gegenüber als solchen aus Europa. Das politische Risiko sei in Europa höher (Italiens Budgetprob­leme, der Brexit, Frankreich, Herausford­erungen durch die Migrations­politik), zudem seien Zykliker (Unternehme­n mit stark konjunktur­abhängigem Geschäftsm­odell) in Europa stärker gewichtet. Obendrein müsse man damit rechnen, dass der Dollar nicht noch weiter aufwerte und damit europäisch­e Firmen von der Schwäche ihrer eigenen Währung nicht mehr profitiere­n können.

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