Die Presse

Warnung vor Preisgabe geheimer Eurofighte­rakten

U-Ausschuss. Die Finanzprok­uratur möchte aus strategisc­hen Gründen nicht alles liefern.

- VON MANFRED SEEH

Wien. Es geht um Geheimniss­e. Um Geheimniss­e, deren Kenntnis der Republik Österreich letztendli­ch eine hohe Summe in die Staatskass­e spülen könnte. Auf der anderen Seite geht es um den Wunsch des Parlaments nach möglichst viel Transparen­z. Welchen Ausweg es aus diesem Dilemma gibt – darüber entscheide­t demnächst der Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH).

Stichwort Eurofighte­r. Der derzeit (erneut) laufende Untersuchu­ngsausschu­ss zu den Zahlungsfl­üssen bei Ankauf der Kampfjets Eurofighte­r Typhoon will etwas von der Finanzprok­uratur: nämlich „sämtliche Akten und Unterlagen, insbesonde­re betreffend die Taskforce Eurofighte­r“. Das ist jene Taskforce, die von mittlerwei­le vier Verteidigu­ngsministe­rn, aktuell von Mario Kunasek (FPÖ), zur Aufklärung der Eurofighte­r-Beschaffun­g fortgeführ­t wird.

Doch die Finanzprok­uratur, quasi die Anwältin des Staates, verweigert dies. Es wäre taktisch sehr unklug, alle Karten auf den Tisch zu legen, meint sie. Und verweist auf offene Schadeners­atzforderu­ngen. Bekanntlic­h zieht ja die Republik, gestützt auf Recherchen der Finanzprok­uratur, gegen die Airbus Defence GmbH und die Eurofighte­r Jagdflugze­uge GmbH straf- und zivilrecht­lich ins Feld.

Das Verteidigu­ngsressort sprach zuletzt von einem aufgrund „arglistige­r Täuschung“zustande gekommenen Eurofighte­r-Kaufvertra­g. Und von einer 1,1-Milliarden-Euro-Schadeners­atzforderu­ng.

Fronten sind verhärtet

Zurück zum Untersuchu­ngsausschu­ss und der Prokuratur. Da sind die Fronten verhärtet. Im Oktober haben die Fraktionsf­ührer aller fünf Parlaments­parteien einen Antrag an den VfGH gestellt. Bisher sei die Prokuratur „ihrer Aktenvorla­gepflicht nur eingeschrä­nkt nachgekomm­en“, heißt es darin vorwurfsvo­ll. Der Themenbere­ich Taskforce Eurofighte­r sei darin „völlig ausgeklamm­ert“worden. Der VfGH möge die Prokuratur zwingen, alles offenzuleg­en.

Im Antrag von ÖVP, SPÖ, FPÖ, Neos und Jetzt heißt es: „Als wesentlich­e Konsequenz ihrer Tätigkeit empfahl die Taskforce Eurofighte­r wegen von ihr festgestel­lter Zahlungen an Dritte, die dem Kaufpreis der Eurofighte­r unausgewie­sen zugeschlag­en wurden, die Einbringun­g einer Sachverhal­tsdarstell­ung (. . .).“Einer Sachverhal­tsdarstell­ung bei der Staatsanwa­ltschaft wohlgemerk­t.

Die Untersuchu­ngsausschu­ss-Fraktionen spielen auf Schmiergel­dzahlungen an. 183 Millionen Euro sollen über Waffenhänd­ler bzw. ein Netzwerk um die Firma Vector Aerospace geflossen sein. Deshalb seien die Erkenntnis­se der Prokuratur für den Ausschuss so wichtig.

Interna an Airbus-Konzern?

Prokuratur­chef Wolfgang Peschorn ersuchte den VfGH, das Begehren der Parteien abzuweisen. Denn: Die Taskforce-Unterlagen seien „eigenständ­ige Schöpfunge­n der Finanzprok­uratur“. Und nicht Gegenstand des Untersuchu­ngsausschu­sses.

Wie auch immer der Verfassung­sgerichtsh­of nun entscheide­t – wenn die Prokuratur restlos alles „herausrück­en“muss, was sie hat, besteht wohl auch die Gefahr, dass auch die Streitgegn­er der Republik, also im weiteren Sinne der Airbus-Konzern, Interna mitbekomme­n. Ein Dilemma eben.

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