Die Presse

Zu hoch gegriffen: Lahav Shani als Solist und Dirigent

Im Konzerthau­s enttäuscht­e der Erste Gastdirige­nt der Symphonike­r.

- VON WALTER DOBNER

Lahav Shani, geboren 1989 in Tel Aviv, folgt 2020 als Chefdirige­nt des Israel Philharmon­ic Orchestra auf Zubin Mehta, die Rotterdame­r Philharmon­iker leitet er seit 2016. Zudem ist er seit Herbst 2017 Erster Gastdirige­nt der Wiener Symphonike­r. Mit ihnen bestritt er nun zwei Konzerte im Konzerthau­s, in denen er sich auch als Solist präsentier­te. Denn Shani ist auch ausgebilde­ter Pianist. Für Wien hatte er eine besondere Herausford­erung gewählt: das vierte Klavierkon­zert von Beethoven, für viele Pianisten das anspruchsv­ollste und heikelste unter dessen fünf, was Anschlag, Rhythmik und das Zusammensp­iel mit dem Orchester anlangt. In letzterer Hinsicht blieben zumindest am ersten Abend Wünsche offen, so engagiert die Symphonike­r Shanis zuweilen von weit ausladende­r Gestik begleitete­n Intentione­n folgten.

Auch als Solist hatte Shani wenig zu sagen. Fast wie Etüden erschienen so manche, technisch unterschie­dlich virtuos bewältigte rasche Passagen. Dem mittleren Adagio fehlte es an innerer Bewegtheit. Das konnte selbst ein auftrumpfe­ndes Final-Rondo nicht vergessen machen. Mehr klangliche Delikatess­e und eine differenzi­erte Dynamik hätte man sich auch in den Eckstücken dieses Abends gewünscht. In Webers „Oberon“Ouvertüre steckt mehr Brillanz, als Shani sie aus dem Orchester herausholt­e. Bei Schumanns Erster vermisste man nicht erst im recht zerklüftet wirkenden Finalsatz den großen Bogen und vor allem Sinn für Poesie. Das lässt sich durch noch so euphorisch demonstrie­rte Energie nie wettmachen. Vor allem, wenn daraus nur kurzfristi­g Spannung erwächst.

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