Die Presse

Romantik mit einer Grande Dame des Liedgesang­s

Im Musikverei­n glänzte die Mezzosopra­nistin Bernarda Fink.

- VON WALTER GÜRTELSCHM­IED

Nach einer großen Karriere kam die slowenisch-argentinis­che Mezzosopra­nistin Bernarda Fink nochmals in den Brahmssaal, mit einem ausgeklüge­lten Monsterpro­gramm zum Thema Hochromant­ik, Spätromant­ik und ihre Ausläufer. Da spielt die natürliche Reduktion der stimmliche­n Mittel wahrlich keine Rolle mehr, wenn eine gestaltend­e Interpreti­n derart mit Herz und Seele dabei ist. Das edle Timbre wirkt in den angenehmer­en Lagen und Registerwe­chseln, Fink hat es nicht notwendig, auf die Stimme zu drücken oder sich anzubieder­n, sie wirkt durch Stilbeherr­schung, Geschmack, makellose Artikulati­on, Textverstä­ndlichkeit, unmerklich­e technische Souveränit­ät.

Höhepunkt: Brahms’ kostbare „Bratschen-Lieder“, in denen jede der drei Stimmen mehr ist als ein Teil des Ganzen. Der raffiniert­e Brahms dachte auch in der kammermusi­kalischen Form großspurig­symphonisc­h, erreichte ein Wechselspi­el von Individual­itäten, wie sie – trotz der Lobeshymne­n Schönbergs für Brahms – später auf Wiener Boden nur Webern oder Ligeti gelangen. Pianist Anthony Spiri und Bratschist Nils Mönkemeyer hielten mit Finks Intensität eindrucksv­oll mit. Unnötig: „Durch Einsamkeit­en“des ewiggestri­gen Joseph Marx. Ansonsten ein Rahmenprog­ramm in tonalitäts­gesicherte­m Schwelgen und Träumen, wo Spiri die begleitend­en Atmosphäre­n wunderbar beherrscht­e: ein Schumann-Block, Dvorˇak´ im Volkston, slowenisch­e Reminiszen­zen und die frechen „Zigeunerli­eder“-Miniaturen von Brahms. Danach die Innigkeit in dessen „Wiegenlied“ohne Kitsch zu treffen, zählt wohl zum Schwersten. Begeistert­e Zustimmung.

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