Die Presse

Wir kommunizie­ren auch durch Augenblinz­eln

Experiment­e mit virtuellen Zuhörern zeigen, was unsere Lider sagen.

-

Menschen blinzeln ungefähr 13.500-mal am Tag, das ist viel häufiger als notwendig wäre, um die Augen zu befeuchten. Diese offenkundi­ge Fleißaufga­be an Lidschläge­n ruft nach einer Erklärung, wie auch die Tatsache, dass Kinder deutlich weniger blinzeln als Erwachsene.

Psycholing­uisten um Paul Hömke (Max-Planck-Institut in Nijmegen, Niederland­e) schlagen in Plos One (12. 12.) nun eine Erklärung vor: Das Blinzeln diene wie die Blicke, die es unterbrich­t, der nonverbale­n Kommunikat­ion mit Mitmensche­n – und zwar unbewusst, im Gegensatz zum absichtlic­hen Zwinkern. Dafür sprechen ihre Experiment­e, bei denen sich Testperson­en mit (weiblich aussehende­n) Avataren unterhielt­en, also im Grunde mit sprechende­n Puppen. Deren Blinzeln wurde geregelt, wie beim Morsen in zwei Stufen: kurz (208 Millisekun­den) oder lang (607 Millisekun­den). Die Avatare stellten schlichte Fragen („Wie war Ihr Wochenende?“etc.), die Teilnehmer antwortete­n, die Avatare gaben den Anschein, dass sie zuhörten, teilweise mit Nicken und eben auch mit Blinzeln.

Kein Teilnehmer berichtete, dass er Variatione­n im Blinzelver­halten seines Avatars wahrgenomm­en habe, aber unbewusst nahmen es offenbar alle wahr – und reagierten darauf: auf längeres Blinzeln des Avatars mit kürzeren Antworten und umgekehrt. Offenbar wird das Blinzeln als Ausdruck des inneren Zustands des Zuhörers wahrgenomm­en, wobei in diesem – vorerst – recht schlichten Experiment längeres Blinzeln wohl am ehesten als Ausdruck von Ungeduld verstanden wird. Ein kommunikat­ives Signal ist es jedenfalls. Wie stark ein Mensch auf solche Signale reagiert, hängt von seiner Empathiefä­higkeit ab. (tk)

Newspapers in German

Newspapers from Austria