Mehr Augen sollen über eine Einweisung wachen
Maßnahmenvollzug. Minister Josef Moser will neue Regeln für geistig abnorme Rechtsbrecher.
Es gebe derzeit „einen dramatischen Anstieg“bei den Insassen im Maßnahmenvollzug, heißt es aus dem Justizministerium. Gleichzeitig wird seit Jahren erfolglos nach einer Reform für den Umgang mit psychisch kranken und gefährlichen Rechtsbrechern gesucht, obwohl Ideen dafür schon länger auf dem Tisch liegen. Nun will Justizminister Josef Moser aber Druck auf eine Reform machen, wie aus seinen der „Presse“vorliegenden Plänen hervorgeht.
So soll künftig nicht mehr nur ein Fachexperte beurteilen dürfen, ob und in welcher Form eine Person in den Maßnahmenvollzug kommt. Vielmehr sollen ein klinischer Psychologe und ein Psychiater die Einschätzung vornehmen müssen. Auch bei juristischen Fragen ist ein Mehraugenprinzip angedacht. Entschied bisher ein Einzelrichter, ob eine Person in den Maßnahmenvollzug hinein- oder herauskommt, soll dies künftig ein Kollegialgericht entscheiden.
Gerade der Umstand, dass man nur schwerlich aus dem Maßnahmenvollzug kommt, wenn man einmal darin ist, hatte immer wieder für Kritik gesorgt. Bei der Volksanwaltschaft waren auch Tausende Beschwerden von Insassen über die Zustände eingereicht worden. Für großes Aufsehen hatte 2014 der Fall von Stein gesorgt: In der Anstalt hatte man einen Insassen verwahrlosen lassen.
510 Menschen sind in Österreich derzeit in Anstalten untergebracht, weil sie eine Straftat begangen haben und gefährlich, aber wegen ihres psychischen Zustands nicht verschuldensfähig sind. Sie sollten, weil sie kranke Menschen sind, eigentlich ins Gesundheitssystem fallen, meint das Justizministerium. Es will prüfen, ob die Krankenkasse verstärkt die Kosten der Therapie übernehmen soll.
Von dieser Tätergruppe zu unterscheiden sind 383 weitere Personen, die sehr wohl zurechnungsfähig sind, aber wegen ihres geistigen Zustands als besonders gefährlich gelten. Auch sie werden in Spezialanstalten angehalten. Dazu kommen noch 80 Personen, die vorläufig in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher untergebracht wurden.
Für die meisten Personen im Maßnahmenvollzug gilt aber, dass sie diesen länger nicht verlassen. Kritiker rügen in diesem Zusammenhang, dass die psychisch kranken Insassen zu selten neu begutachtet werden und die Qualität der Gutachten problematisch sei.
Umgekehrt steht der Staat in der Kritik, wenn Personen in die Freiheit kommen und eine neue Straftat begehen. So hatte sich jener Mann, der heuer die Überreste einer Frau im Neusiedler See versenkt haben soll, lang im Maßnahmenvollzug befunden. Moser will, dass die bedingte Entlassung künftig an eine Fußfessel gekoppelt wird. Die Anstalten sollen sich zudem besser spezialisieren.
Das Problem bleibt aber das Geld. So betont das Justizministerium, dass die Umsetzung aller Ideen von der budgetären Deckung abhängig ist. Welche Summe nötig wäre, wollte Moser nicht sagen.
In der Vergangenheit waren bereits nach dem Vorfall von Stein 2014 und den Ereignissen auf dem Brunnenmarkt (ein psychisch kranker, aber behördlich bekannter Mann hatte 2016 eine Frau mit einer Eisenstange erschlagen) Reformkonzepte ausgearbeitet worden. Umgesetzt wurden sie nie.