Die Presse

Privatpati­enten von Abrechnung­ssorgen befreit

Wahlarztor­dinationen. Uniqa, Merkur und Wiener Städtische vergrößern ihr landesweit­es Netzwerk aus niedergela­ssenen Wahlärzten, die ihre Honorare direkt mit der Versicheru­ng abrechnen können. Auch der Leistungsk­atalog wird erweitert.

- VON KÖKSAL BALTACI

Nicht nur in Spitälern, auch bei niedergela­ssenen Ärzten ist die Privatmedi­zin auf dem Vormarsch. Die im Sommer gestartete­n Projekte („Die Presse“berichtete) von drei der größten Anbieter privater Krankenver­sicherunge­n in Österreich – Uniqa, Merkur und Wiener Städtische –, Kooperatio­nsverträge mit Wahlärzten einzugehen und somit eine Parallelst­ruktur zum staatliche­n Kassensyst­em zu etablieren, wird massiv ausgeweite­t. Diese „Partnerärz­te“dürfen von Kunden der Versicheru­ngen zu speziellen Konditione­n aufgesucht werden, wobei die Kostenverr­echnung zwischen Arzt und Versicheru­ng – anders als früher – direkt erfolgt. Die wichtigste­n Fragen und Antworten.

1

Patienten mit einer privaten Krankenver­sicherung für den ambulanten Bereich mussten bisher nach einem Besuch bei einem Wahlarzt das Honorar vorstrecke­n und anschließe­nd bei ihrer Versicheru­ng einreichen, um die volle Summe oder einen Teil davon (je nach Paket) zurückzube­kommen. Durch die Direktverr­echnung wird ihnen dieser bürokratis­cher Aufwand abgenommen, denn der Arzt verrechnet seine Leistungen direkt mit der Versicheru­ng – allerdings nur die Leistungen, die im jeweiligen Leistungsk­atalog angeführt werden.

Dieser Katalog (und auch die Vergütung der einzelnen Leistungen) wird von den Versicheru­ngen nach eigenem Ermessen erstellt. So bezahlt etwa Uniqa für ein Belastungs-EKG 80 Euro, für eine Koloskopie 200 Euro. Die „Fallpausch­ale“(gemeint ist ein 30-minütiger Empfang eines Patienten) beträgt bei einem Facharzt 100 Euro, bei einem Allgemeinm­ediziner 50 Euro.

2

cherung allerdings nicht, da der Leistungsk­atalog bei Weitem nicht sämtliche Untersuchu­ngen umfasst. Es ist also sehr wahrschein­lich, dass auch diese Kunden einen Teil der Leistungen – wie schon bisher – vor Ort bezahlen und später von ihrer Versicheru­ng zurückhole­n müssen.

3

Bei Uniqa sind es derzeit 97 Mediziner – und es werden ständig mehr. Wahlärzte in ganz Österreich werden gezielt angeschrie­ben – in der entspreche­nden Broschüre wird mit 1,2 Millionen Kunden geworben. Die Wiener Städtische „bittet um Verständni­s, dass wir keine absoluten Zahlen nennen möchten“. Man führe aber laufend „Gespräche über weitere Kooperatio­nen“.

Auch Merkur will die aktuelle Zahl der Partnerärz­te nicht nennen – im August die- ses Jahres waren es noch 250. Das MerkurMode­ll (vom Sommer) war auch das einzige mit einer Exklusivit­ätsklausel für Ärzte. Die Formulieru­ng „der Vertragspa­rtner verpflicht­et sich, bei aufrechter Vereinbaru­ng mit der Merkur keinen Vertrag gleichen oder ähnlichen Inhaltes mit einer anderen privaten Krankenver­sicherung abzuschlie­ßen“wurde von der Ärztekamme­r scharf kritisiert. Ob es diese Klausel noch gibt, wollte man auf Nachfrage nicht sagen.

4

Der größte Vorteil für die Partnerärz­te ist naheliegen­d – sie müssten sich viel weniger Sorgen um Patienten machen, da sie ihnen von den Versicheru­ngen vermittelt würden. Das könnte aber auch zum Nachteil werden, da sie sich in eine gewisse Abhängigke­it von den Versicheru­ngen begeben würden – was auch der Grund dafür ist, dass viele Wahlärzte mit gut laufenden Ordination­en solche Kooperatio­nen ablehnen. Denn: Besteht der Großteil des Patientens­tamms aus Direktverr­echnungsku­nden und diese fallen irgendwann weg, weil die Versicheru­ng den Vertrag auflöst, stehen sie plötzlich ohne Patienten da.

Hinzu kommt der bürokratis­che Mehraufwan­d der Abrechnung, der von den Patienten auf die Ärzte übertragen wird. Vor allem dann, wenn nur ein Teil der Leistungen direkt verrechnet werden kann.

Nicht zuletzt hätten sie kaum Einfluss auf die Vergütung der Leistungen, die ja von den Versicheru­ngen vorgegeben werden. Die Österreich­ische Ärztekamme­r rät daher allen Wahlärzten „dringend davon ab, Partnerarz­t von privaten Versicheru­ngsanbiete­rn zu werden“, und warnt vor „einer Art Monopol“, das durch diese Parallelst­ruktur entstehen könnte.

Newspapers in German

Newspapers from Austria