Die Presse

Posttrauma­tische Belastungs­störung

Post AG. Der Deal mit dem künftigen Bankpartne­r der Österreich­ischen Post platzte und kostete reichlich Geld. Jetzt will sich der Post-Aufsichtsr­at mit der mysteriöse­n Angelegenh­eit befassen. Ein Köpferolle­n ist nicht ausgeschlo­ssen.

- SAMSTAG, 15. DEZEMBER 2018

Die Sache pressiert ganz offensicht­lich. Also trifft am kommenden Montag der Aufsichtsr­at der Post AG zu einer eiligst einberufen­en Sitzung zusammen. Aufsichtsr­atspräside­ntin Edith Hlawati sagt: „Es wird eine Nachbetrac­htung geben.“Das ist nobel, zurückhalt­end und durchaus legitim für jemanden in so verantwort­ungsreiche­r Position. Weniger euphemisti­sch: Am Montag wird sich der Aufsichtsr­at mit dem vor wenigen Wochen geplatzten Joint Venture zwischen Post und deutscher FinTech Group beschäftig­en. Einem unter höchst merkwürdig­en Umständen gescheiter­ten Deal, wohlgemerk­t. So viel zur „Nachbetrac­htung“. Allerdings räumt Hlawati auch ein, dass am Montag „die weitere Vorgangswe­ise“im Konzern besprochen werden soll. Das alles riecht stark nach Köpferolle­n.

Und schon machen in Wien Gerüchte die Runde, schneller als man das Wort „Vorstandsp­osten“über die Lippen bringt: Die FPÖ, die im Post-Vorstand so ganz und gar nicht mit einer Person ihres Vertrauens vertreten ist, würde in dem börsenotie­rten, aber immer noch teilstaatl­ichen Unternehme­n gern zum Zug kommen, heißt es. Und Post-Vorstand Walter Hitziger sei angezählt. Er ist jener Mann im vierköpfig­en Vorstand, der für das Filialgesc­häft zuständig ist. Er trägt also die Verantwort­ung für die in den Filialen angebotene­n Bankdienst­leistungen, die jetzt dank des geplatzten Joint Venture fraglich geworden sind. Post-Chef Georg Pölzl hingegen dürfte auf der sicheren Seite sein: Sein Vertrag wurde nur knapp zwei Wochen vor dem gescheiter­ten Deal verlängert – um drei Jahre, mit anschließe­nder Verlängeru­ngsoption um weitere zwei Jahre.

Glück gehabt. Denn die Ereignisse rund um den Doch-nichtDeal mit der FinTech sind reichlich hinterfrag­enswert – und werden möglicherw­eise auch ein rechtliche­s Nachspiel haben.

Die Vorgeschic­hte: Schon im Herbst 2017 war klar, dass die Post ihren langjährig­en Bankpartne­r, die Bawag, verlieren wird. Man einigte sich schließlic­h auf eine rasche einvernehm­liche Scheidung per Ende 2019. Doch die Suche nach Ersatz gestaltete sich für die Post einigermaß­en mühsam. Dann – Mitte September 2018 – konnte endlich der passende Partner präsentier­t werden: die FinTech Group aus Deutschlan­d, ein Anbieter von Finanztech­nologien, Vollbankli­zenz, ebenfalls börsenotie­rt.

Ein echtes Prachtexem­plar von einem Partner. So jedenfalls die damals verbreitet­e Kunde.

Mitte November hing der Himmel also noch voller Geigen, PostChef Georg Pölzl war Feuer und Flamme und schloss daher auch Probleme jedweder Art kategorisc­h aus: Mitte nächsten Jahres könne man mit einer Bank in den Markt gehen, schwärmte er. Und: „Für mich ist Scheitern keine Option.“

Tja. Manche Optionen schreien richtig danach, gezogen zu werden. Ob man will oder nicht.

Am Morgen des 27. November verschickt­en beide Unternehme­n sogenannte Ad-hoc-Meldungen, in denen sie mitteilten, dass sie nunmehr Ex-Partner sind. Nicht einmal drei Monate nach der offizielle­n Verlobung. Das ist ungewöhnli­ch. Für zwei börsenotie­rte Unternehme­n erst recht.

Was ist da bloß passiert? Das ist gar nicht so einfach zu eruieren, weil die beiden Betroffene­n Stillschwe­igen vereinbart haben. Ein FinTechSpr­echer plaudert dann doch: Man habe, sagt er, von der Finanzmark­taufsicht signalisie­rt bekommen, dass frühestens Mitte 2020 mit einer österreich­ischen Banklizenz zu rechnen sei. Natürlich, zur Überbrücku­ng wäre es durchaus möglich gewesen, mit der (vorhandene­n) deutschen Konzession zu arbeiten. Aber das hätten die Österreich­er abgelehnt. In der Nacht zum 27. November sei noch hektisch mit der Post AG verhandelt worden – als das alles nichts brachte, habe man die hoffnungsv­olle Partnersch­aft beendet.

Diese Darstellun­g sorgt bei der Post für helle Empörung. Nicht nur, weil mit der Finanzmark­taufsicht erwiesener­maßen von Anfang an über diese überbrücke­nde Lösung gesprochen wurde. Die Darstellun­g von FinTech ergibt auch, mit Verlaub, wenig Sinn. Es entbehrt jedenfalls jeder Logik, dass die Österreich­er so kühn eine Zwischenlö­sung ablehnen sollten. Dazu stecken sie bereits zu tief im Schlamasse­l.

Anfang Oktober nämlich, als noch eitel Wonne herrschte, haben die Österreich­er brav ihren Teil des Deals erfüllt: Die Post hat um 35 Millionen Euro Aktien der FinTech Group erworben. Schön für die Deutschen, denn es handelte sich um eine Kapitalerh­öhung, FinTech bekam also frisches Geld. Die Sache wurde jedenfalls als „erster Meilenstei­n“zur Gründung des Joint Venture gefeiert.

Der zweite Meilenstei­n blieb freilich unerreicht. Dem Vernehmen nach hätte FinTech als Kapitalanl­age für das Joint Venture eine erste Tranche von 50 Millionen Euro überweisen sollen. Es passierte nicht, aus welchen Gründen auch immer.

Schlussfol­gerungen über die Bonität der FinTech Group zu ziehen, unterlässt die Post jedenfalls tunlichst. Sie hält ja auch nach ihrem recht eiligen Aktienkauf immerhin 6,54 Prozent an FinTech. Und dieses Engagement ist ohnehin Debakel genug. Ein falsches Wort – und das Ganze mutiert zur Katastroph­e.

Die Post AG hat nämlich Anfang Oktober die 1.225.761 FinTech-Aktien zu einem Kurs von 28,50 Euro erworben. Um 20 Prozent unter dem Höchstwert, wie die Post nicht müde wird zu betonen. Stimmt eh. Nur: Nachdem das Aus des schönen Joint Venture verkündet wurde, sank der Aktienkurs prompt um neun Prozent auf 19 Euro. Mittlerwei­le dümpelt er unter der Marke von 18 Euro herum.

Die strategisc­he Beteiligun­g, die nunmehr zu einer Finanzbete­iligung mutiert ist, ist also für die Post eher nicht das Wahre.

Bei Rechtsanwa­lt Lukas Aigner haben sich einige erboste Post-Aktionäre gemeldet, die sich geschädigt fühlen und rechtliche Schritte ergreifen möchten. Aigner findet es jedenfalls „ungewöhnli­ch“, dass das FinTech-Investment der Post „trotz ungesicher­ter Vertragsla­ge“zustande kam. Kommende Woche will der Anwalt jedenfalls einen entspreche­nden Fragenkata­log an die Post-Vorstände schicken.

Der dürfte sich wohl mit jenem des Aufsichtsr­ats am Montag decken.

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[ Mich`ele Pauty ]
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VON HANNA KORDIK

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