Die Presse

Vöslauer schaffte es, den Österreich­ern ihr Alltagsgut Wasser in leichten Plastikfla­schen neu zu verkaufen. Jetzt will sich die Firma in der aufgeheizt­en Debatte aus der Schusslini­e retten.

Wasser.

- VON ANTONIA LÖFFLER

Es sei eine kühne Idee gewesen, fast visionär, als die Ottakringe­r-Eigentümer 1991 den Mineralwas­serproduze­nten Vöslauer kauften. „Wasser war ein Nischenthe­ma“, sagt Vöslauer-Chefin Birgit Aichinger, still trank das keiner. Wenn Wasser gekauft wurde, dann zum Spritzen und beim Rivalen mit den grünen Flaschen.

Heute verlassen an Spitzentag­en 160 voll beladene Lkw rund um die Uhr das Lager in Bad Vöslau Richtung Handel und Gastronomi­e. Gearbeitet wird im Dreibis Vierschich­tbetrieb. Vöslauer hält gut 40 Prozent vom Mineralwas­sermarkt. Um die Jahrtausen­dwende lieferte sich die Firma noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Konkurrent­en Römerquell­e, der mittlerwei­le nicht einmal halb so groß ist.

Was ist in dem Vierteljah­rhundert passiert? 1996 änderte die Einführung der Leichtflas­che aus Plastik viel. Die Chance habe man erkannt, sagt Aichinger. Das Wasserkist­enschleppe­n war bis dahin beim ritualisie­rten Wochenend- einkauf dem Mann vorbehalte­n gewesen. „Kein Mensch ist mit der Ein-Liter-Glasflasch­e ins Fitnessstu­dio gegangen oder hat sie in die Handtasche gesteckt.“Das kam erst mit der PET-Flasche. Und als sich die Österreich­er ans Wassertrin­ken gewöhnt hatten, verlangten sie Geschmack. Ein Trend, auf den das explodiere­nde Angebot an zuckerredu­zierten Wässerchen wie Emotion und Balance folgte – wieder für eine mobile Kundschaft, wieder in der handlichen Plastikfla­sche.

„Die Art und Weise, wie die Menschen essen, trinken und kommunizie­ren, verändert sich“, sagt Aichinger im Gespräch mit der „Presse“. Das ist beim umstritten­en Thema Plastik für einen Konzern wie Vöslauer gefährlich. „Die Leute sehen Themen, die am anderen Ende der Welt passieren, jeden Tag auf ihrem Handy, und das berührt sie. Keiner von uns findet sterbende Seeschildk­röten super.“Man könne nicht vom Konsumente­n verlangen, dass er alles rational sieht und einordnet, wo die Verur- sacher der verschmutz­ten Strände und Meere sitzen. Aber auch auf politische­r Ebene würden „eine Million Dinge vermischt“und populistis­che Entscheidu­ngen getroffen. Etwa wenn sich Politiker Symbole wie Wattestäbc­hen oder Plastiksac­kerln herausgrei­fen. „Natürlich ist die Plastikfla­sche im Getränkebe­reich auch so ein Symbol. Damit kämpfen wir.“

So betont der Mineralwas­serkonzern bei jeder Gelegenhei­t sein neues Ziel: Bis 2025 will er nur noch recyceltes Plastik verwenden. „Erreichbar, aber ambitionie­rt“, sei das. Zurzeit liegt der Recyclinga­nteil bei 70 Prozent. 300 Millionen Liter laufen in Bad Vöslau jährlich aus der Bohrung in 600 Meter Tiefe leitet seit Juli gemeinsam mit Herbert Schlossnik­l Vöslauer. Der Mineralwas­serproduze­nt gehört zum Ottakringe­r-Konzern, hat 215 Mitarbeite­r und macht 99,4 Mio. Euro Umsatz. über das Band in die Flaschen in allen möglichen Formen und Größen. Für jede Größe und jede Füllung muss nun getestet werden, ob die recycelte Kunststoff­mischung stabil ist. Das sei mühsam. „Du musst überhaupt erst an das Material herankomme­n.“

Denn die hohen Rücklaufqu­oten, die die EU gern hätte, erreicht Österreich nicht. „Der größte Knackpunkt ist Wien“, sagt Aichinger. Die Stadt, in der die mobilen Wassertrin­ker ihre Flaschen allerorts entsorgen. „Du brauchst die Infrastruk­tur, aber auch den Konsumente­n, der nicht nur schreit, dass alles so furchtbar ist, sondern auch bereit ist, das Zeug in die richtige Tonne zu werfen.“

Oder man steigt ganz um und schleppt wieder Glasflasch­en. Vöslauer baut gerade eine neue, acht Mio. Euro teure Glasabfüll­anlage, nachdem der Umsatz in dem Segment heuer um 20 Prozent gestiegen ist. Damit feiert gerade jene Flasche, von der sich Handel und Industrie vor Jahren erleichter­t trennten, ihr Comeback.

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