Vöslauer schaffte es, den Österreichern ihr Alltagsgut Wasser in leichten Plastikflaschen neu zu verkaufen. Jetzt will sich die Firma in der aufgeheizten Debatte aus der Schusslinie retten.
Wasser.
Es sei eine kühne Idee gewesen, fast visionär, als die Ottakringer-Eigentümer 1991 den Mineralwasserproduzenten Vöslauer kauften. „Wasser war ein Nischenthema“, sagt Vöslauer-Chefin Birgit Aichinger, still trank das keiner. Wenn Wasser gekauft wurde, dann zum Spritzen und beim Rivalen mit den grünen Flaschen.
Heute verlassen an Spitzentagen 160 voll beladene Lkw rund um die Uhr das Lager in Bad Vöslau Richtung Handel und Gastronomie. Gearbeitet wird im Dreibis Vierschichtbetrieb. Vöslauer hält gut 40 Prozent vom Mineralwassermarkt. Um die Jahrtausendwende lieferte sich die Firma noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Konkurrenten Römerquelle, der mittlerweile nicht einmal halb so groß ist.
Was ist in dem Vierteljahrhundert passiert? 1996 änderte die Einführung der Leichtflasche aus Plastik viel. Die Chance habe man erkannt, sagt Aichinger. Das Wasserkistenschleppen war bis dahin beim ritualisierten Wochenend- einkauf dem Mann vorbehalten gewesen. „Kein Mensch ist mit der Ein-Liter-Glasflasche ins Fitnessstudio gegangen oder hat sie in die Handtasche gesteckt.“Das kam erst mit der PET-Flasche. Und als sich die Österreicher ans Wassertrinken gewöhnt hatten, verlangten sie Geschmack. Ein Trend, auf den das explodierende Angebot an zuckerreduzierten Wässerchen wie Emotion und Balance folgte – wieder für eine mobile Kundschaft, wieder in der handlichen Plastikflasche.
„Die Art und Weise, wie die Menschen essen, trinken und kommunizieren, verändert sich“, sagt Aichinger im Gespräch mit der „Presse“. Das ist beim umstrittenen Thema Plastik für einen Konzern wie Vöslauer gefährlich. „Die Leute sehen Themen, die am anderen Ende der Welt passieren, jeden Tag auf ihrem Handy, und das berührt sie. Keiner von uns findet sterbende Seeschildkröten super.“Man könne nicht vom Konsumenten verlangen, dass er alles rational sieht und einordnet, wo die Verur- sacher der verschmutzten Strände und Meere sitzen. Aber auch auf politischer Ebene würden „eine Million Dinge vermischt“und populistische Entscheidungen getroffen. Etwa wenn sich Politiker Symbole wie Wattestäbchen oder Plastiksackerln herausgreifen. „Natürlich ist die Plastikflasche im Getränkebereich auch so ein Symbol. Damit kämpfen wir.“
So betont der Mineralwasserkonzern bei jeder Gelegenheit sein neues Ziel: Bis 2025 will er nur noch recyceltes Plastik verwenden. „Erreichbar, aber ambitioniert“, sei das. Zurzeit liegt der Recyclinganteil bei 70 Prozent. 300 Millionen Liter laufen in Bad Vöslau jährlich aus der Bohrung in 600 Meter Tiefe leitet seit Juli gemeinsam mit Herbert Schlossnikl Vöslauer. Der Mineralwasserproduzent gehört zum Ottakringer-Konzern, hat 215 Mitarbeiter und macht 99,4 Mio. Euro Umsatz. über das Band in die Flaschen in allen möglichen Formen und Größen. Für jede Größe und jede Füllung muss nun getestet werden, ob die recycelte Kunststoffmischung stabil ist. Das sei mühsam. „Du musst überhaupt erst an das Material herankommen.“
Denn die hohen Rücklaufquoten, die die EU gern hätte, erreicht Österreich nicht. „Der größte Knackpunkt ist Wien“, sagt Aichinger. Die Stadt, in der die mobilen Wassertrinker ihre Flaschen allerorts entsorgen. „Du brauchst die Infrastruktur, aber auch den Konsumenten, der nicht nur schreit, dass alles so furchtbar ist, sondern auch bereit ist, das Zeug in die richtige Tonne zu werfen.“
Oder man steigt ganz um und schleppt wieder Glasflaschen. Vöslauer baut gerade eine neue, acht Mio. Euro teure Glasabfüllanlage, nachdem der Umsatz in dem Segment heuer um 20 Prozent gestiegen ist. Damit feiert gerade jene Flasche, von der sich Handel und Industrie vor Jahren erleichtert trennten, ihr Comeback.