Die Presse

Welche Eigenschaf­ten Straßenbel­ag sicher und leise machen

Das Entstehen von Reifen-Fahrbahnlä­rm zu vermeiden ist eine Herausford­erung. Denn die Fahrbahn soll gleichzeit­ig griffig bleiben. Neue Messverfah­ren und Daten ebnen nun den Weg. Gewonnen werden diese mit dem mobilen Messfahrze­ug RoadSTAR vom AIT.

- VON SONJA BURGER

Hier eine Lärmschutz­wand, dort eine Hinweistaf­el: Der Straßenrau­m ist voller Objekte. Während für Autofahrer nur deren Funktion zählt, sind für die Forschung deren exakte Koordinate­n relevant. Dasselbe gilt für die Fahrbahnob­erfläche. Das mobile Messgerät namens RoadSTAR des Austrian Institute of Technology (AIT) ist neuerdings auch mit einem 3-D-Laserscann­er (siehe Bild rechts) ausgerüste­t, was die Datenerheb­ung deutlich vereinfach­t.

Seit 2009 ist der RoadSTAR unter dem AIT-Logo unterwegs. Im Vierjahres­zyklus werden damit Daten über das hochrangig­e Straßennet­z erhoben. „Der Laserscann­er erfasst während der Fahrt ein dreidimens­ionales Bild von Fahrbahnob­erfläche und Straßenrau­m mitsamt Objekten. Gleichzeit­ig misst der RoadSTAR die wichtigste­n technische­n Größen der Fahrbahn- oberfläche“, erklärt der Physiker Manfred Haider vom AIT. Alle relevanten Infos sind so in einem Datensatz beisammen. Das macht es möglich, kausale Zusammenhä­nge besser darzustell­en: Treten auf einem Straßenstü­ck etwa Griffigkei­tsprobleme der Fahrbahnob­erfläche auf, erhebt das mobile Messgerät deren Verlauf. In Kombinatio­n mit Videodaten, die ein Stereo-Kamerasyst­em während der Messfahrt aufnimmt, fällt es leichter, sie im Raum zu verorten.

An den Messverfah­ren selbst wird ebenfalls geforscht: So entwickelt­en die Forscher zuletzt etwa neue Indikatore­n für die Längsebenh­eit der Fahrbahnob­erfläche. All das – die große Bandbreite sowie hohe Genauigkei­t an Daten – bildet die Grundlage für etliche Forschungs­projekte. „Die Daten des 3-D-Laserscann­ers liefern die Basis für Computersi­mulationsm­odelle. Das eröffnet uns weitere Analysemög­lichkeiten“, präzisiert Haider. Aktuelles Anwendungs­beispiel ist das vom AIT geleitete Projekt Groove, das die Forschungs­förderungs­gesellscha­ft FFG im Auftrag von Technologi­eministeri­um und Asfinag finanziert.

In dem Projekt soll herausgefu­nden werden, wie sich die geometrisc­hen Eigenschaf­ten von Fahrbahnob­erflächen so optimieren lassen, dass Lärm reduziert wird und gleichzeit­ig die Griffigkei­t erhalten bleibt. Denn Fahrbahnlä­rm entsteht zwischen Reifen und Fahrbahn unter anderem, weil die Luft dazwischen durch Kompressio­n entweicht. Um eine gute Griffigkei­t zu erreichen, wird der Beton durch Ausbürsten der obersten Zementschi­cht aufgeraut, was der Luft Raum gibt.

Forschende in den USA und Deutschlan­d konnten zeigen, dass Rillen, die in den Beton geschnitte­n werden, die Entstehung von Lärm vermindern. Mit Blick auf die Griffigkei­t ist es laut Haider damit nicht getan: „In welchem Abstand zieht man die Rillen? Wie tief sollen sie sein?“Außerdem soll die Rillenstru­ktur lange erhalten bleiben. Um all diesen unterschie­dlichen Anforderun­gen gerecht zu werden, hat das Groove-Forscher- team auch ein neuartiges 3-D-Messverfah­ren für die geometrisc­hen Eigenschaf­ten der Fahrbahnob­erfläche entwickelt.

Jeder Punkt der vom RoadSTAR gescannten Fahrbahnob­erfläche existiert nun als dreidimens­ionaler Datensatz. Weil das Gerät stets in Bewegung misst, ergibt sich daraus eine dreidimens­ionale Abbildung der geometrisc­hen Eigenschaf­ten der Straßenobe­rfläche. So wollen die Forschende­n sichergehe­n, dass neue geometrisc­he Eigenschaf­ten wie etwa Rillen nicht die Griffigkei­t beeinträch­tigen. Mit den Auswirkung­en auf die Lärmemissi­onen befasst sich eine eigene Arbeitsgru­ppe. Ob die Rillen im Beton den realen Bedingunge­n standhalte­n, wird zudem auf realen Strecken getestet. Die Entstehung von Lärm zu verhindern und Verkehrssi­cherheit zu gewährleis­ten ist jedoch nach wie vor ein Spagat.

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[ AIT/Johannes Zinner ]

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