Mini-Satelliten umkreisen die Erde
Das Kästchen aus glänzendem Metall passt in eine größere Männerhand. Es besteht aus etwa 140 Teilen. An einer Seite ragt ein runder Kranz von feinen Spitzen heraus, dieser erinnert ein wenig an den Kopf einer rotierenden elektrischen Zahnbürste. Aus dessen Spitzen schießt das Kästchen gezielt Ionenstrahlen ab und treibt damit durch den Rückstoß im All einen kleinen Satelliten an.
Alexander Reissner hält das MiniTriebwerk in der Hand. Er hat vor zwei Jahren das Unternehmen Enpulsion gegründet, und allein in den vergangenen drei Quartalen ist die Mitarbeiterzahl von drei auf 20 in die Höhe geschossen. 40 derartige Satelliten-Antriebe hat Enpulsion bereits verkauft, einer davon steuert schon einen Satelliten, der Anfang 2018 von einer indischen Rakete in den Weltraum transportiert wurde. „Es funktioniert alles tadellos“, so Reissner.
Reissner war vor der Firmengründung Professor für Antriebstechnik an der Fachhochschule in Wiener Neustadt mit Schwerpunkt Avionik. Er ist promovierter Techniker und hat unter anderem in Südkorea und in Dresden studiert. Neben seiner Lehrtätigkeit arbeitete er an der Fotec, der Forschungs- und Technologiegesellschaft der FH. Dort kam er auch in engere Berührung mit der Ionen-Technologie.
„Diese hat man für ganz andere Zwecke genutzt, für wissenschaftliche. Einerseits hat man damit Werkstoffproben abgenommen, wo man mit herkömmlichen Werkzeugen nicht dazugekommen wäre. So hatte etwa der österreichische Astronaut Franz Viehböck ein derartiges Gerät mit an Bord bei seinem Raumflug im Jahr 1991. Und man nutzte kleine Ionenstrahler zum Stabilisieren von Kernen spezieller Erdvermessungssatelliten. Von da war es zu Satellitentriebwerken nur mehr ein kleiner Schritt – zumindest theoretisch.
In der Praxis ging es unter anderem darum, die Technologie zuverlässig umzusetzen. Raumtransporte sind teuer, da darf nichts versagen. Und es galt verschiedene praktische Probleme zu lösen, etwa die feinen Nadelspitzen der Antriebsdüsen zu entwickeln oder den besten Treibstoff zu
Reinhard Engel, Jahrgang 1957, lebt als freier Journalist in Wien Sein Band
QDer Nutzen für die Kunden liegt darin, dass bisher die Mini-Satelliten ungesteuert die Erde umkreisen, sich mit der Zeit durch die Gravitation wieder der Erde annähern und schließlich verglühen.
Reissner: „Man muss sie nach ein bis zwei Jahren ersetzen.“Mit den Antriebseinheiten von Enpulsion kann diese Lebensdauer auf fünf bis zehn Jahre verlängert werden, eine erhebliche kommerzielle Verlockung für die Betreiber. Überdies sind die Mini-Triebwerke modular einsetzbar: Für größere Satelliten kann man drei, fünf oder sieben von ihnen nebeneinandersetzen und bündeln.
Reissner ist jedenfalls äußerst optimistisch, was die Zukunftsaussichten seines Unternehmens angeht. „Wir könnten schon jetzt deutlich mehr verkaufen, als wir produzieren.“Deshalb wird die Fertigung rasch hochgefahren, ab Herbst 2018 sollen im Schnitt pro Arbeitstag zwei Antriebe montiert werden – etwa 500 im Jahr. Reissner ist als Gründer noch immer Mehrheitseigentümer mit 76 Prozent des Unternehmens. Für die Anlauffinanzierung – bisher rund drei Millionen Euro – halfen zwei österreichische Investoren sowie Förderungen aus EU-Töpfen.
Fotec ist mit einem kleinen Anteil ebenfalls beteiligt – und bekommt weiters Lizenzgebühren für genutzte Patente. „Wir haben in der Zwischenzeit auch bereits selbst einige Patente angemeldet“, erklärt Reissner. „Aber manche Details behalten wir für uns, die sollte niemand so einfach nachbauen können.“