Die Presse

Verleumdun­g des Staatssekr­etärs

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Nach außen hin schien nun alles ordnungsge­mäß geregelt. Doch insgeheim waren sich die Mitglieder des Staatsrate­s nicht so sicher, ob sie zu diesem Beschluss überhaupt berechtigt waren, denn es wurde noch eine Aufforderu­ng hinzugefüg­t: „Das Staatsamt für Heerwesen wird aufgeforde­rt, über die rechtliche Stellung des liquidiere­nden Kriegsmini­steriums Klarheit zu verschaffe­n und alle mit seinem Wirkungskr­eis widerstrei­tenden Kompetenze­n dieser und anderer militärisc­her Stellen zu beseitigen.“

Während sich also das Staatsamt für Heerwesen bemühte, Klarheit zu verschaffe­n, hatte Otto Bauer in seiner Position als Staatssekr­etär für das Äußere in der deutschöst­erreichisc­hen Nationalve­rsammlung weiter Öl in die Flammen gegossen, indem er behauptete, an der Gefangenna­hme vieler Tausender österreich­ischer Soldaten an der italienisc­hen Front sei einzig und allein das AOK schuld. Eine Behauptung, die zu diesem Zeitpunkt zwar rasch zu verkünden, aber aufgrund der Akten- und Dokumenten­lage nicht so rasch und eindeutig zu klären war. Empört über diese Behauptung sandte Kövess eine weitere Note, in der die Vorwürfe des Staatssekr­etärs als Verleumdun­g zurückgewi­esen wurden. Auf diese Note erhielt Kövess zwar von Bauer keine Antwort, jedoch wurde am 19. Dezember 1918 durch ein Schreiben des Staatskanz­lers Renner indirekt geantworte­t, indem dieser Kövess lakonisch mitteilte, „dass nach deutschöst­erreichisc­hem Rechte kein Funktionär den Titel eines Armeeoberk­ommandante­n zu führen berechtigt ist“.

Genervt legte Kövess daraufhin am 20. Dezember 1918 die Funktion eines (liquidiere­nden) Armeeoberk­ommandante­n zurück und versank in eine kaum zu verbergend­e Depression: Eine Welt war für ihn eingestürz­t. Auch der Tod seines Sohnes Bela´ an der galizische­n Front, heute Polen, erschien ihm vergeblich. Kövess starb an einem Gehirnschl­ag am 22. September 1924. Die Aufbahrung fand in kleinem Kreis im Militärkas­ino am Wiener Schwarzenb­ergplatz statt. Im Königreich Ungarn allerdings war seine Beerdigung in Budapest am 29. September in der traditione­llen Form eines

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