Ohne Angst durch das organisierte Chaos
Uganda. Am Ende bleibt von der Stadt vor allem der Verkehr in Erinnerung. Gut, wenn man auf einer Boda-Boda-Tour durch Kampala einen Fahrer hat, dem man voll vertraut.
Organisiertes Chaos. So nennen die Einheimischen den Old Taxi Park in Kampala. Hunderte Minibusse sind es, die da stehen auf dem braunen Erdboden. Fast wie ein Wimmelbild wirkt es von oben, mit unendlich vielen Details. Und ohne Panoramafunktion so gut wie unmöglich auf ein Foto zu bekommen. „Die Männer dort unten“, sagt Solomon und deutet auf eine Gruppe am Rand des Geländes, „zeigen den Passagieren den Weg zu dem Bus, den sie brauchen.“Und bekommen dafür eine Provision. „14 Menschen passen in einen Bus hinein. Und er fährt erst ab, wenn er voll ist.“
Der Balkon eines kleinen Restaurants ist die Loge, von der aus Solomon seine Gäste über diese Attraktion seiner Stadt blicken lässt – einen Busbahnhof. Und tatsächlich gehört das Transportwesen, gehört der Verkehr in der Hauptstadt von Uganda zu den Dingen, die Besuchern besonders stark in Erinnerung bleiben. Solomon weiß das – denn er lebt davon, Touristen durch die Stadt zu kutschieren. Millimetergenau – denn um solche Abstände geht es zeitweise, wenn er mit seinem Motorrad im dichten Verkehr zwischen Autos und Hunderten anderen Motorrädern eine Lücke entdeckt. Instinktiv drücken sich beim Passagier hinter ihm dann die Knie noch ein wenig enger nach innen. Nur ja nicht einen der anderen Verkehrsteilnehmer streifen. Und hoffen, dass man schon irgendwie durchkommen wird – zumindest am Anfang.
Doch schon ein paar Minuten später sind die Vorstellungen einer Verkehrsordnung nach westlichem Vorbild vergessen. Einer fährt, einer wartet? Wie langweilig. Hier geht es organischer – ein Knäuel aus Motorrädern, das sich zusammendrückt und am Ende wieder auseinandergeht. Organisiertes Chaos eben. Man selbst ist mittendrin. Und freut sich, wenn man einen Fahrer hat, dem man voll vertraut. Solomon ist einer von denen, bei denen das ganz einfach geht. „Hier, setz dir das auf“, sagt er vor dem Wegfahren am Morgen. Ein blaues Haarnetz. Darüber kommt der Helm. „Sicherheit“, meint er und lächelt.
Ruhe, Entspannung – es ist wohl kein Zufall, dass Solomon als erste Station den Kikaaya-Hügel ausgewählt hat. Eine ausgedehnte grüne Parklandschaft lässt einen ein wenig herunterkommen von den ersten Minuten Fahrt durch Kampala. So wie auch der Blick in den Tempel der Bahai auf der Spitze des Hügels. Die im Iran entstandene Religion hat auf jedem Kontinent der Erde jeweils ein Haus der Andacht – jenes für Afrika wurde 1961 in Uganda eröffnet. Ein 39 Meter hohes Gebäude mit Kuppel, optisch ähnlich dem Bahai- Weltzentrum im israelischen Haifa. „Kennst du Rolex?“, fragt Solomon beim Aufsteigen auf das Motorrad. „Du musst wissen, die Menschen in Uganda sind reich. In Europa trägt man Rolex am Handgelenk, hier essen wir es.“Nach wenigen Minuten parkt er sein Gefährt auf einer staubigen Straße vor einem Stand. „Frühstück“, sagt er. Rolex, das ist in Uganda das klassische Fast Food. Ein Omelette mit Zwiebeln, Tomaten oder anderem Gemüse, das über offenem Feuer gebraten wird. Und dann eingerollt in ein Chapati – daher auch der Name. Serviert wird es in einem durchsichtigen Plastiksack. Zum Mitnehmen, bitte! Und dazu vielleicht noch ein Stoney – eine Limonade mit starkem Ingwergeschmack, die in mehreren afrikanischen Ländern populär ist.
Motorrad sagt hier übrigens niemand. Boda Boda ist der korrekte Begriff dafür in Uganda. Entstanden ist er einst an der ugandischkenianischen Grenze. Dort, wo Busse nur leer passieren dürfen und die Passagiere ein ziemliches Stück zu Fuß gehen müssen. Hier kamen ein paar findige Menschen auf die Idee, dass man die Insassen und ihr schweres Gepäck die zwei Kilometer zwischen den Grenzposten ja mit dem Motorrad trans-