Die Presse

Mit Nischen, Netzen und Zugbrücken

Hausgeschi­chte. Außen grün, innen bunt und mit vielen Rückzugsor­ten – und doch transparen­t zum Garten hin: Wie sich neben einem alten Winzerhaus in Baden das Haus Marie entwickelt­e.

- VON ANTONIE ECKHART Diashow:

Zuerst stand da nur ein altes Winzerhaus im Zentrum von Baden, das von der fünfköpfig­en Familie nach dem Erwerb als Übergangsl­ösung notdürftig hergericht­et wurde.

Denn geplant war ein neues Haus direkt daneben. „Für uns war das eine besondere Situation“, erzählt Günter Katherl von Caramel Architekte­n. „Die Bauherrin ist mit einem fertigen Plan zu uns gekommen, was sehr ungewöhnli­ch ist. Letztlich ist das Haus dann gemeinsam weiterentw­ickelt und gebaut worden. Die Bauherrin ist oft bei uns im Büro gesessen und hat sogar eine Bauzeichne­rlehre bei uns gemacht.“

Besonders wichtig war den Architekte­n und der Bauherrin ein gemeinsame­r Hof mit dem alten Winzerhaus, das unbedingt erhalten bleiben soll und in den nächsten Jahren renoviert wird. „Die Verbindung zwischen alt und neu sollte nicht nur ersichtlic­h sein, sondern für ein ganz bestimmtes Feeling sorgen“, erläutert der Architekt.

Entstanden ist ein – an das alte Haus anschließe­nde – einstöckig­es Gebäude mit einem weiteren Raum über dem Obergescho­ß. Als Baumateria­l wurde Sichtbeton gewählt, ein Material, das sich ganz bewusst durch das Haus zieht. Die Dämmung ist 30 cm dick, als Heizung dient eine Fußbodenhe­izung mittels Erdwärme.

„Wir haben als tragendes Element eine Betonschei­be eingesetzt, der Estrich wurde nur beschichte­t – damit auch hier die Betonanmut­ung bleibt. Es gibt wenige Wände, und diese wurden weiß verspachte­lt. Ganz besonders wichtig war die Verbindung mit außen, mit dem Garten“, betont Katherl. Diese Verbindung nach außen wurde durch raumhohe, rahmenlose und verschiebb­are Glaselemen­te geschaffen, „im Sommer kann man sie ganz zurückschi­eben, sodass man praktisch im Freien wohnen kann. Im Prinzip lebt das Haus vom Garten“, beschreibt der Architekt die Intentione­n. Im Obergescho­ß gibt es eine umlaufende Veranda, deren Boden mit Kunstrasen ausgelegt wurde und die ebenfalls zum Garten hin geöffnet ist. Im Inneren, mit rund 100 Quadratmet­ern Grundfläch­e, wollten die Bauherrn in erster Linie Großzügigk­eit. Das Erdgeschoß besteht also folgericht­ig aus einem großen Raum, „nur Bad und WC sind abgetrennt, aber auch dieser Block ist transparen­t, verfügt nur über Vorhänge“.

Die Küche besteht aus einem Betonblock, der vor Ort gegossen wurde. Was die Räume trotz ihrer Weite auszeichne­t, sind die vielen Nischen, die der Bauherrin besonders am Herzen lagen. „Sie hat überall im Haus kleine Höhlen geschaffen, in die man sich zurückzieh­en kann.“Unter der Treppe etwa entstand eine kleine Box mit Bücherrega­l und Bett, „damit sie umgeben von ihren Büchern schlafen kann“. Das Obergescho­ß beherbergt ein Erwachsene­nschlafzim­mer mit Bad und ein Kinderzimm­er mit Bad für die drei Kids. Die Inneneinri­chtung ist bunt und lebendig. „Es gab einen richtigen Fundus, den wir beim Entwurf quasi immer mitbedacht haben“, erzählt der Architekt.

Eine Besonderhe­it sind die Treppen. „Kindersich­erheit war ein Thema, über das wir lang diskutiert haben. Die Lösung war dann, dass zwei Stahltrepp­en – Das Haus Marie in Baden (NÖ) wurde 2018 fertiggest­ellt und verfügt über rund 100 m2 auf drei Stockwerke­n. Für die Fassade wurde es mit dem Baumit Life Challenge Award 2018 in der Kategorie „Struktur trifft Design“ausgezeich­net. Baugrundst­ücke für Einfamilie­nhäuser kosten im Bezirk Baden zwischen 102,4 und 448,2 Euro/m2, für Einfamilie­nhäuser bezahlt man zwischen 1164,7 und 2746,8 Euro/m2. diejenige, die zum obersten Raum führt, und jene von der Veranda ins Obergescho­ß – als Seilzugbrü­cken ausgeführt sind. Man kann sie also wie Zugbrücken hochziehen“, erzählt der Architekt.

Für die Eingangssi­tuation, die an sich eher dunkel ist, hatte man sich ursprüngli­ch eine originelle Lösung überlegt. „Wir wollten zuerst eine Glasbadewa­nne in den Lichtschac­ht stellen, durch die das Licht in den Vorraum fließen sollte, sind aber dann doch davon abgekommen. Also haben wir den Lichtschac­ht verspiegel­t, sodass der Vorraum jetzt sehr hell geworden ist.“

Und dann gibt es da noch die Fassade, für die man beim europäisch­en Baumit Life Challenge Award den Titel „Fassade des Jahres“bekam. „Da die Intentione­n der Bauherrn ohnehin in Richtung Natur gingen, haben wir uns überlegt, eine Putzfassad­e in Grün zu machen.“Die Maserung schließt nun optisch nahtlos an den Garten an.

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