Mit Nischen, Netzen und Zugbrücken
Hausgeschichte. Außen grün, innen bunt und mit vielen Rückzugsorten – und doch transparent zum Garten hin: Wie sich neben einem alten Winzerhaus in Baden das Haus Marie entwickelte.
Zuerst stand da nur ein altes Winzerhaus im Zentrum von Baden, das von der fünfköpfigen Familie nach dem Erwerb als Übergangslösung notdürftig hergerichtet wurde.
Denn geplant war ein neues Haus direkt daneben. „Für uns war das eine besondere Situation“, erzählt Günter Katherl von Caramel Architekten. „Die Bauherrin ist mit einem fertigen Plan zu uns gekommen, was sehr ungewöhnlich ist. Letztlich ist das Haus dann gemeinsam weiterentwickelt und gebaut worden. Die Bauherrin ist oft bei uns im Büro gesessen und hat sogar eine Bauzeichnerlehre bei uns gemacht.“
Besonders wichtig war den Architekten und der Bauherrin ein gemeinsamer Hof mit dem alten Winzerhaus, das unbedingt erhalten bleiben soll und in den nächsten Jahren renoviert wird. „Die Verbindung zwischen alt und neu sollte nicht nur ersichtlich sein, sondern für ein ganz bestimmtes Feeling sorgen“, erläutert der Architekt.
Entstanden ist ein – an das alte Haus anschließende – einstöckiges Gebäude mit einem weiteren Raum über dem Obergeschoß. Als Baumaterial wurde Sichtbeton gewählt, ein Material, das sich ganz bewusst durch das Haus zieht. Die Dämmung ist 30 cm dick, als Heizung dient eine Fußbodenheizung mittels Erdwärme.
„Wir haben als tragendes Element eine Betonscheibe eingesetzt, der Estrich wurde nur beschichtet – damit auch hier die Betonanmutung bleibt. Es gibt wenige Wände, und diese wurden weiß verspachtelt. Ganz besonders wichtig war die Verbindung mit außen, mit dem Garten“, betont Katherl. Diese Verbindung nach außen wurde durch raumhohe, rahmenlose und verschiebbare Glaselemente geschaffen, „im Sommer kann man sie ganz zurückschieben, sodass man praktisch im Freien wohnen kann. Im Prinzip lebt das Haus vom Garten“, beschreibt der Architekt die Intentionen. Im Obergeschoß gibt es eine umlaufende Veranda, deren Boden mit Kunstrasen ausgelegt wurde und die ebenfalls zum Garten hin geöffnet ist. Im Inneren, mit rund 100 Quadratmetern Grundfläche, wollten die Bauherrn in erster Linie Großzügigkeit. Das Erdgeschoß besteht also folgerichtig aus einem großen Raum, „nur Bad und WC sind abgetrennt, aber auch dieser Block ist transparent, verfügt nur über Vorhänge“.
Die Küche besteht aus einem Betonblock, der vor Ort gegossen wurde. Was die Räume trotz ihrer Weite auszeichnet, sind die vielen Nischen, die der Bauherrin besonders am Herzen lagen. „Sie hat überall im Haus kleine Höhlen geschaffen, in die man sich zurückziehen kann.“Unter der Treppe etwa entstand eine kleine Box mit Bücherregal und Bett, „damit sie umgeben von ihren Büchern schlafen kann“. Das Obergeschoß beherbergt ein Erwachsenenschlafzimmer mit Bad und ein Kinderzimmer mit Bad für die drei Kids. Die Inneneinrichtung ist bunt und lebendig. „Es gab einen richtigen Fundus, den wir beim Entwurf quasi immer mitbedacht haben“, erzählt der Architekt.
Eine Besonderheit sind die Treppen. „Kindersicherheit war ein Thema, über das wir lang diskutiert haben. Die Lösung war dann, dass zwei Stahltreppen – Das Haus Marie in Baden (NÖ) wurde 2018 fertiggestellt und verfügt über rund 100 m2 auf drei Stockwerken. Für die Fassade wurde es mit dem Baumit Life Challenge Award 2018 in der Kategorie „Struktur trifft Design“ausgezeichnet. Baugrundstücke für Einfamilienhäuser kosten im Bezirk Baden zwischen 102,4 und 448,2 Euro/m2, für Einfamilienhäuser bezahlt man zwischen 1164,7 und 2746,8 Euro/m2. diejenige, die zum obersten Raum führt, und jene von der Veranda ins Obergeschoß – als Seilzugbrücken ausgeführt sind. Man kann sie also wie Zugbrücken hochziehen“, erzählt der Architekt.
Für die Eingangssituation, die an sich eher dunkel ist, hatte man sich ursprünglich eine originelle Lösung überlegt. „Wir wollten zuerst eine Glasbadewanne in den Lichtschacht stellen, durch die das Licht in den Vorraum fließen sollte, sind aber dann doch davon abgekommen. Also haben wir den Lichtschacht verspiegelt, sodass der Vorraum jetzt sehr hell geworden ist.“
Und dann gibt es da noch die Fassade, für die man beim europäischen Baumit Life Challenge Award den Titel „Fassade des Jahres“bekam. „Da die Intentionen der Bauherrn ohnehin in Richtung Natur gingen, haben wir uns überlegt, eine Putzfassade in Grün zu machen.“Die Maserung schließt nun optisch nahtlos an den Garten an.