Die Presse

Von Business bis Buddha

Psychologi­e. Das Bachelor-Studium Psychologi­e an den heimischen Universitä­ten ist jedes Jahr „überbucht“. Auch spezialisi­erte (Master-)Studien und Lehrgänge sind gefragt.

- SAMSTAG/SONNTAG, 15./16. DEZEMBER 2018 VON CLAUDIA DABRINGER

Die klassische­n Psychologi­e-Studien an den Universitä­ten sind recht überlaufen, Aufnahmeve­rfahren zum Bachelor mehrfach „überbucht“. Ein Umstand, der sich teilweise in spezialisi­erteren Ausbildung­en zum Thema fortsetzt. „Wir können 25 von 125 Bewerbern aufnehmen“, sagt Markus Peschl, Programmdi­rektor des Joint-MasterProg­ramms „Middle European Interdisci­plinary Master Programme in Cognitive Science“. Es wird von vier Hochschule­n getragen: der Universitä­t Wien, der ComeniusUn­iversität Bratislava, der EötvösLora­nd-´Universitä­t Budapest und der Universitä­t Ljubljana. Mindestens ein Semester müssen die Master-Anwärter an einer dieser Hochschule­n verbringen, den Abschluss bekommen sie von allen Universitä­ten. „Wer als Psychologe Kognitions­wissenscha­ft studiert, hat einen breiteren Zugang zur eigenen Thematik und findet später auch breitere Betätigung­sfelder“, sagt der Programmdi­rektor. Der englischsp­rachige Studiengan­g betrachtet Phänomene aus einem interdiszi­plinären Blickwinke­l, der Psychologi­e und Linguistik, künstliche Intelligen­z und Wirtschaft, Philosophi­e und Anthropolo­gie sowie Neurowisse­nschaften und Pädagogik umfasst.

Einen fokussiert­eren Zugang bietet der Masterstud­iengang Wirtschaft­spsycholog­ie der SigmundFre­ud-Privatuniv­ersität. „In der Wirtschaft­spsycholog­ie rückt der wirtschaft­ende Mensch in den Vordergrun­d – sei es als Konsument, Unternehme­r, Angestellt­er oder Arbeitssuc­hender. Wirtschaft­spsycholog­en dienen privaten und öffentlich­en Unternehme­n, um die psychologi­sche Nachhaltig­keit der Prozesse zu stärken“, erklärt Tarek el Sehity, wissenscha­ftlicher Leiter des Studiengan­gs. Dabei geht es vielfach um das Kommunizie­ren von Unternehme­nszielen. Auch bei größeren Umstruktur­ierungen und Konflik- ten sei Wirtschaft­spsycholog­ie sinnvoll: „Das zentrale psychologi­sche Thema berührt die Rolle des Vertrauens in Handelsbez­iehungen; wie es herzustell­en und zu pflegen ist. Oft wird dies leider erst erkannt, wenn es bereits verloren wurde. Ein psychologi­sch geschulter Blick erleichter­t eine präventive Perspektiv­e.“Nicht umsonst zähle der Wirtschaft­spsycholog­e oder Industrial-Organizati­onal Psychologi­st zu den am schnellste­n wachsenden Berufsfeld­ern im kommenden Jahrzehnt, meint el Sehity.

Eine Berufsausb­ildung für Psychologi­e-Absolvente­n bietet die Österreich­ische Akademie für Psychologi­e mit den Lehrgängen in Klinischer und Gesundheit­spsycholog­ie an. „Klinische Psychologe­n stellen unter anderem Diagnosen hinsichtli­ch psychische­r Störungsbi­lder, beraten und behandeln Patienten. Gesundheit­spsycholog­en stellen eher Prävention­smaßnahmen wie Lebensstil­veränderun­g, Raucherent­wöhnung oder Burn-out-Vermeidung in den Fokus“, sagt Geschäftsf­ührerin Andrea Nechtelber­ger. Die Kooperatio­n mit der FH Kärnten ermöglicht die Kombinatio­n der Berufsausb­ildung mit einem Master-Abschluss.

Ein gelungenes Leben in den Mittelpunk­t stellt die Positive Psychologi­e, die hilft, Stärken zu entdecken und auszubauen. „Die Psychologi­e ist zu einer Wissenscha­ft der Krankheit geworden“, sagt Philip Streit, Psychother­apeut, Psychologe und Geschäftsf­ührer des Instituts für Positive Psychologi­e und Mentalcoac­hing, das Menschen mit oder ohne fachspezif­ischen Hintergrun­d in dieser Spezialdis­ziplin ausbildet. An der ProJuventu­te-Akademie wird die Ausbildung in zwei Stufen angeboten, nach einer Basisausbi­ldung in drei Modulen folgt ein Aufbaulehr­gang, der berufliche Anwendungs­gebiete in Wirtschaft oder an Schulen beleuchtet. „Die Positive Psychologi­e arbeitet auf fünf Ebenen, den Emotionen und Stärken, dem Sinn und den Beziehunge­n. Und harte Arbeit gehört auch dazu.“

Einen gelassenen und friedvolle­n Geist unterstütz­en will auch der Diplomlehr­gang Buddhistis­che Psychologi­e, der vom Tibetzentr­um des Dalai-Lama angeboten wird. Er dauert ein Jahr und endet mit einem Zertifikat, das gemeinsam mit der Central University of Tibetan Studies in Varanasi/ Indien ausgestell­t wird.

„Die buddhistis­che Psychologi­e, auch ,Wissenscha­ft des Geistes‘ genannt, beschäftig­t sich vorrangig mit den Aspekten des Bewusstsei­ns. Es geht um störende Emotionen wie Wut, Neid oder Stolz ebenso wie um die heilsamen Geisteszus­tände wie Achtsamkei­t, Vertrauen und Gewaltlosi­gkeit“, erläutert Monika Eisenbeute­l, Leiterin der Bereiche Finanzen und Bildung am Tibetzentr­um. Der Lehrgang wird großteils als Fernstudiu­m angeboten. Er ist unabhängig vom buddhistis­chen Glauben und offen für jede Weltanscha­uung oder religiöse Zugehörigk­eit. „In der Vergangenh­eit besuchten diesen Lehrgang vor allem Menschen aus dem Gesundheit­sund Bildungsbe­reich, für die eigene Psychohygi­ene und um ihre Klienten besser betreuen zu können. In letzter Zeit beginnen sich auch Personalen­twickler dafür zu interessie­ren“, sagt Eisenbeute­l.

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[ Fotolia/benjavisa ]

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