Anschlag auf Facebooks Geschäft
Internet. Die deutschen Wettbewerbshüter verbieten Facebook das Sammeln von Daten über mehrere Plattformen hinweg. Das ist ein Anschlag auf das Geschäftsmodell und kann die Pläne des Mark Zuckerberg durcheinanderbringen.
Deutschland verbietet Sammeln von Daten über mehrere Plattformen hinweg.
Berlin/Wien. Es gehört fast schon zur digitalen Folklore. Schlagen Amerikas Internet-Monopolisten in ihrer Gier nach Nutzerdaten wieder einmal über die Stränge, stecken die Behörden in Europa die Köpfe zusammen – und brummen Google, Microsoft oder Facebook Milliardenstrafen auf. Die beschweren sich zwar, zahlen die Pönale letztlich aber aus der Portokasse. Und das Leben geht weiter, als wäre nichts geschehen.
Das wird nach dem gestrigen Urteil des deutschen Bundeskartellamts nicht so einfach gehen. Nach dreijähriger Untersuchung entschied die Behörde, dass Facebook seine marktbeherrschende Stellung beim Sammeln und Verwerten von Nutzerdaten ausnutze. Statt die x-te Geldstrafe zu verhängen, verbietet Kartellamtschef Andreas Mundt dem US-Konzern nun, ohne klare Einwilligung der Facebook-Mitglieder weiter persönliche Daten über diese auf anderen Seiten im Netz zusammenzusammeln. Das klingt wenig dramatisch, ist aber im Grunde ein Anschlag auf das Geschäftsmodell von Mark Zuckerbergs Imperium. Monopolisierung der Daten
Denn Facebook weiß viel mehr über seine Nutzer, als die meisten von ihnen ahnen. So melden Webseiten, die Facebooks Like-Button integriert haben oder FacebookAnalyse-Tools verwenden, wenn sich eines der 2,3 Milliarden Face- book-Mitglieder auf der Seite befindet. Auch wer auf Facebook verzichtet, am Handy aber Instagram oder WhatsApp nutzt, füttert deren Mutterkonzern, Facebook, fleißig mit seinen Daten.
Genau mit diesen Daten verdient das Unternehmen mit 490 Milliarden Dollar Marktwert sein Geld. Facebook verknüpfe die andernorts gesammelten Daten mit Informationen über die Nutzer von der Plattform selbst und mache sich so für die Werbebranche zunehmend unverzichtbar, erklärte das Bundeskartellamt. Die Mitglieder hätten keine Chance, dieser kollektiven Datenfalle zu entgehen. Der Konzern mache die Nutzung seines Dienstes de facto davon abhängig, unbegrenzt persönliche Daten auch aus Drittquellen sammeln zu dürfen.
Das Unternehmen hat zwölf Monate Zeit, um die Vorgaben des Bundeskartellamts umzusetzen. Andernfalls könnte die Behörde eine Strafe in der Höhe von bis zu zehn Prozent des Umsatzes (zuletzt 55,8 Milliarden Dollar) verhängen. Facebook kündigte an, Beschwerde gegen das Urteil einzulegen.
Das Unternehmen sieht sich unfair behandelt. Facebook habe in Deutschland keine marktbeherrschende Stellung, wenn man auch Anbieter wie die Videoplattform YouTube als Rivalen um die Aufmerksamkeit der Nutzer einbeziehe. Zudem mische sich das Kartellamt in die Angelegenheit der Datenschutzbehörden ein.
Facebook ist auch deshalb so unentspannt, weil das Urteil fatale Folgen für Mark Zuckerbergs Zukunftsvisionen haben könnte. Der Facebook-Gründer bestätigte erst kürzlich, dass er die Daten von Facebook, Instagram und WhatsApp in einer Plattform zusammenführen wolle. Europas Datenschützer kritisierten die Pläne heftig und warnten von einer Monopolisierung der Daten. Es gibt Alternativen
Das Kartellamt sorgt sich aber weniger um den Datenschutz als vielmehr um den schwindenden Wettbewerb auf dem Werbemarkt. Schon heute teilen sich Google und Facebook in den USA über 60 Prozent aller Werbeerlöse. Tendenz steigend. Facebook machte 2017 gut 40 Mrd. Dollar Umsatz mit Onlinewerbung. 2018 waren es 55 Mrd. „Wir sind dabei, kartellrechtliche Leitplanken in die Internetökonomie einzuziehen“, sagte Kartellamtschef Andreas Mundt.
Mit Facebook allein wird es da nicht getan sein. Das Netzwerk schaut den Menschen bei dem Besuch jeder vierten Seite über die Schulter. Die Google-Mutter, Alphabet, schreibt bei 80 Prozent aller Besuche mit. Es gibt übrigens weniger datenhungrige Alternativen: Zu den Favoriten zählen Signal statt WhatsApp und DuckDuckGo statt Google.