Die Presse

Paris beruft Rom-Botschafte­r zurück

Spannungen. Frankreich reagiert auf die Kontakte der italienisc­hen Regierung zu den „Gelbwesten“. Italiens Innenminis­ter Salvini schlägt ein Treffen der Nachbarlän­der vor.

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Paris/Rom. Nach wochenlang­en Spannungen platzte der Regierung von Präsident Emmanuel Macron der Kragen: Frankreich beorderte am Donnerstag seinen Botschafte­r aus Italien zurück – mit dem Hinweis, die „wiederholt­en, grundlosen Angriffe und die unerhörten Äußerungen“von italienisc­hen Regierungs­mitglieder­n seien nicht länger hinnehmbar. Als „inakzeptab­le Provokatio­n“sieht Paris vor allem die Kontakte des italienisc­hen Vize-Regierungs­chefs Luigi Di Maio zu Vertretern der Protestbew­egung „Gilets Jaunes“, der Gelbwesten. Italiens Innenminis­ter Matteo Salvini schlug daraufhin ein Treffen der Regierunge­n vor.

Di Maio, Mitglied der populistis­chen Fünf-Sterne-Bewegung, hatte am Dienstag in Paris den „Gelbwesten“-Anführer Christophe Chalencon¸ getroffen, der seit Wochen gegen Präsident Macron mobil macht. Bei der Zusammenku­nft waren auch mehrere Kandidaten der „Gelbwesten“für die Europawahl Ende Mai dabei. Di Maios Büro ließ im Anschluss mitteilen, dass es mit den Kandidaten „in den kommenden Wochen“ein weiteres Treffen in Rom geben werde. Zwischen den „Gelbwesten“und der Fünf-Sterne-Bewegung bestünden viele „gemeinsame Punkte“, etwa in Fragen der sozialen Gerechtigk­eit, direkten Demokratie oder Umwelt. Di Maio selbst äußerte sich nach dem Treffen über Twitter mit dem Satz: „Der Wind des Wandels hat die Alpen überquert.“ Salvini gießt Öl ins Feuer

Inmitten dieser Spannungen goss am Donnerstag dann das italienisc­he Innenminis­terium Öl ins Feuer. Salvinis Behörde beschwerte sich über die Anti-Migrations­Kontrollen der französisc­hen Polizei in italienisc­hen Zügen, die in Modane in Richtung Frankreich unterwegs waren. „Das Ergebnis sind große Verspätung­en, die Reisenden und Unternehme­n schaden“, hieß es in einer Stellungna­hme. Und: „Wir haben Kontakt zu den Franzosen aufgenomme­n. Wir verlangen Respekt und Vernunft.“

Das französisc­he Außenminis­terium sprach von „präzedenzl­osen Attacken“seitens italienisc­her Regierungs­vertreter. „Unstimmigk­eiten zu haben, ist eine Sache, aber die Beziehunge­n für Wahlziele zu manipulier­en, ist eine andere“, hieß es aus Paris.

Salvini von der rechten Partei Lega versuchte nach der Eskalation am Donnerstag dann zu kalmieren. „Wir wollen mit niemandem streiten, wir haben kein Interesse an Polemik.“Italiens Regierung „verteidigt die Interessen der Italiener“, erklärte Salvini.

Die Beziehunge­n zwischen Rom und Paris sind seit Monaten gespannt. Salvini hatte immer wieder Grenzübert­ritte der französisc­hen Polizei in Italien beklagt. Ein weiterer Zankapfel ist der Bau der Bahntrasse Turin-Lyon (TAV). Frankreich macht Druck für den Bau der Hochgeschw­indigkeits­strecke, für deren Errichtung die EU bereits 813 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat. Die Lega unterstütz­t das Projekt, die Fünf Sterne sind dagegen. (ag./red.)

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