Zweite Gefängnisstrafe für Lula
Brasilien. Der Ex-Präsident ist erneut zu einer hohen Haftstrafe verurteilt worden. Wegen Korruption muss er weitere zwölf Jahre absitzen. Sieben Verfahren sind noch anhängig.
Luiz Inacio´ Lula da Silva muss sich auf einen sehr ruhigen Lebensabend einstellen. Brasiliens ehemaliger Präsident wurde zum zweiten Mal zu einer hohen Haftstrafe verurteilt. Zwölf Jahre und ein Monat Haft lautet das am Mittwoch (Ortszeit) verhängte Strafmaß. Wie bereits 2017 wurde er aktiver und passiver Korruption sowie der Geldwäsche schuldig gesprochen. Und wie bei seiner ersten Verurteilung bezog sich auch die zweite auf eine Immobilie, die dem Ex-Präsidenten nicht gehörte, die aber von ihm und seiner Familie ausgiebig genutzt worden sein soll. Das sah jedenfalls die zuständige Richterin Gabriela Hardt als erwiesen an. Bei Untersuchungen in der Ranch Santa Barbara´ in Atibaia im Bundesstaat Sao˜ Paulo waren mehrere Gegenstände sichergestellt worden, die Initialen und Namen von Lula und seiner Familie trugen.
Richterin Gabriela Hardt hat im November in der südbrasilianischen Stadt Curitiba die Leitung der Petrobras-Ermittlung, der größten Korruptionsuntersuchung der brasilianischen Justizgeschichte, übernommen. Die 43-Jährige folgte dem bisherigen Chefermittler Sergio´ Moro, der seit Jänner das Justiz- und Sicherheitsministerium leitet. Moro hatte Lula 2017 erstmals wegen Korruption verurteilt, weil seine Familie angeblich ein vom Baukonzern OAS renoviertes StrandAppartement nutzte. OAS gehörte zu den Firmen, die von Großaufträgen des staatlichen Ölriesen Petrobras profitiert hatten.
Lula wurde nun für schuldig befunden, Bestechungsgelder im Wert von 1,02 Millionen Real, nach heutigem Kurs etwa 240.000 Euro, erhalten zu haben. Diese seien durch mehrere Renovierungsarbeiten an der Ranch bezahlt worden. Das Gericht sah es als er- wiesen an, dass die in den Petrobras-Skandal verwickelten Baufirmen Odebrecht, OAS und Schahin die Renovierung bezahlt haben.
Die Baufirma Odebrecht, die drei Viertel der Kosten trug, hatte jahrelang vom engen Kontakt zu Lula profitiert, dem in vielen Ländern verehrten Idol des linken Lateinamerika, und war zum größten Baukonzern Lateinamerikas gewachsen. Ende 2016 gestand Odebrecht gegenüber den US-Behörden die Zahlung von hohen Schmiergeldern in zwölf Ländern. Gegen mehrere südamerikanische Ex-Präsidenten laufen Korruptionsermittlungen, einige sitzen in Haft – wie Lula.
Dessen Anwälte wollen nun in Revision gehen, wie auch die Rechtsvertreter der verurteilten Unternehmer. Marcelo Odebrecht, Ex-CEO des Bauriesen, muss fünf Jahre und vier Monate in Haft, sein Vater, einst Lula-Intimus und früherer Verwaltungsrats-Boss, Emilio Odebrecht drei Jahre und drei Monate. Und der Ex-Chef von OAS, Leo Pinhero, soll ein Jahr und sieben Monate absitzen.
Nach Lulas erstem Schuldspruch war die Strategie der Anwälte nach hinten losgegangen. Denn die Richter der zweiten Instanz in Porto Alegre bestätigten Anfang 2018 das erste Urteil nicht nur, sie erhöhten auch das Strafmaß von neun auf über zwölf Jahre. Der Schuldspruch könnte freilich nicht der letzte sein, denn gegen Lula sind noch weitere sieben Verfahren anhängig.
„Lula soll im Gefängnis versauern“, hatte Brasiliens neuer Präsident Jair Bolsonaro im Wahlkampf gefordert. Nun hat aber auch er selbst Schwierigkeiten, sich in Freiheit zu bewegen. Allerdings sind seine Probleme nicht rechtlicher Natur, sondern medizinischer.
Bolsonaro liegt immer noch im Hospital Albert Einstein von Sao˜ Paulo. Am 28. Jänner hatte er sich einer erneuten Operation unterziehen müssen, nach der Messerattacke, die ihn am 6. September während des Wahlkampfes in den Unterleib traf. Bei dem neuerlichen Eingriff entfernten die Ärzte den künstlichen Darmausgang und stellten den Urzustand wieder her. Einige Tage nach der OP traten bei Bolsonaro jedoch Magenprobleme auf. Nun sollen Antibiotika die Gesundheit des Präsidenten wiederherstellen.
Der muss sich auf viel Stress einstellen: Brasilien steht als Nachbarland Venezuelas vor einer Konfrontation mit globalen Dimensionen. Die Schlammkatastrophe von Brumadinho muss aufgearbeitet werden. Und nach der Konstituierung des Parlaments vorige Woche beginnt dort die Suche nach einer Mehrheit für eine Pensionsreform. Diese sieht etwa der Internationale Währungsfonds als das zentrale Projekt Brasiliens.