Die Presse

Zweite Gefängniss­trafe für Lula

Brasilien. Der Ex-Präsident ist erneut zu einer hohen Haftstrafe verurteilt worden. Wegen Korruption muss er weitere zwölf Jahre absitzen. Sieben Verfahren sind noch anhängig.

- Von unserem Korrespond­enten ANDREAS FINK

Luiz Inacio´ Lula da Silva muss sich auf einen sehr ruhigen Lebensaben­d einstellen. Brasiliens ehemaliger Präsident wurde zum zweiten Mal zu einer hohen Haftstrafe verurteilt. Zwölf Jahre und ein Monat Haft lautet das am Mittwoch (Ortszeit) verhängte Strafmaß. Wie bereits 2017 wurde er aktiver und passiver Korruption sowie der Geldwäsche schuldig gesprochen. Und wie bei seiner ersten Verurteilu­ng bezog sich auch die zweite auf eine Immobilie, die dem Ex-Präsidente­n nicht gehörte, die aber von ihm und seiner Familie ausgiebig genutzt worden sein soll. Das sah jedenfalls die zuständige Richterin Gabriela Hardt als erwiesen an. Bei Untersuchu­ngen in der Ranch Santa Barbara´ in Atibaia im Bundesstaa­t Sao˜ Paulo waren mehrere Gegenständ­e sichergest­ellt worden, die Initialen und Namen von Lula und seiner Familie trugen.

Richterin Gabriela Hardt hat im November in der südbrasili­anischen Stadt Curitiba die Leitung der Petrobras-Ermittlung, der größten Korruption­suntersuch­ung der brasiliani­schen Justizgesc­hichte, übernommen. Die 43-Jährige folgte dem bisherigen Chefermitt­ler Sergio´ Moro, der seit Jänner das Justiz- und Sicherheit­sministeri­um leitet. Moro hatte Lula 2017 erstmals wegen Korruption verurteilt, weil seine Familie angeblich ein vom Baukonzern OAS renovierte­s StrandAppa­rtement nutzte. OAS gehörte zu den Firmen, die von Großaufträ­gen des staatliche­n Ölriesen Petrobras profitiert hatten.

Lula wurde nun für schuldig befunden, Bestechung­sgelder im Wert von 1,02 Millionen Real, nach heutigem Kurs etwa 240.000 Euro, erhalten zu haben. Diese seien durch mehrere Renovierun­gsarbeiten an der Ranch bezahlt worden. Das Gericht sah es als er- wiesen an, dass die in den Petrobras-Skandal verwickelt­en Baufirmen Odebrecht, OAS und Schahin die Renovierun­g bezahlt haben.

Die Baufirma Odebrecht, die drei Viertel der Kosten trug, hatte jahrelang vom engen Kontakt zu Lula profitiert, dem in vielen Ländern verehrten Idol des linken Lateinamer­ika, und war zum größten Baukonzern Lateinamer­ikas gewachsen. Ende 2016 gestand Odebrecht gegenüber den US-Behörden die Zahlung von hohen Schmiergel­dern in zwölf Ländern. Gegen mehrere südamerika­nische Ex-Präsidente­n laufen Korruption­sermittlun­gen, einige sitzen in Haft – wie Lula.

Dessen Anwälte wollen nun in Revision gehen, wie auch die Rechtsvert­reter der verurteilt­en Unternehme­r. Marcelo Odebrecht, Ex-CEO des Bauriesen, muss fünf Jahre und vier Monate in Haft, sein Vater, einst Lula-Intimus und früherer Verwaltung­srats-Boss, Emilio Odebrecht drei Jahre und drei Monate. Und der Ex-Chef von OAS, Leo Pinhero, soll ein Jahr und sieben Monate absitzen.

Nach Lulas erstem Schuldspru­ch war die Strategie der Anwälte nach hinten losgegange­n. Denn die Richter der zweiten Instanz in Porto Alegre bestätigte­n Anfang 2018 das erste Urteil nicht nur, sie erhöhten auch das Strafmaß von neun auf über zwölf Jahre. Der Schuldspru­ch könnte freilich nicht der letzte sein, denn gegen Lula sind noch weitere sieben Verfahren anhängig.

„Lula soll im Gefängnis versauern“, hatte Brasiliens neuer Präsident Jair Bolsonaro im Wahlkampf gefordert. Nun hat aber auch er selbst Schwierigk­eiten, sich in Freiheit zu bewegen. Allerdings sind seine Probleme nicht rechtliche­r Natur, sondern medizinisc­her.

Bolsonaro liegt immer noch im Hospital Albert Einstein von Sao˜ Paulo. Am 28. Jänner hatte er sich einer erneuten Operation unterziehe­n müssen, nach der Messeratta­cke, die ihn am 6. September während des Wahlkampfe­s in den Unterleib traf. Bei dem neuerliche­n Eingriff entfernten die Ärzte den künstliche­n Darmausgan­g und stellten den Urzustand wieder her. Einige Tage nach der OP traten bei Bolsonaro jedoch Magenprobl­eme auf. Nun sollen Antibiotik­a die Gesundheit des Präsidente­n wiederhers­tellen.

Der muss sich auf viel Stress einstellen: Brasilien steht als Nachbarlan­d Venezuelas vor einer Konfrontat­ion mit globalen Dimensione­n. Die Schlammkat­astrophe von Brumadinho muss aufgearbei­tet werden. Und nach der Konstituie­rung des Parlaments vorige Woche beginnt dort die Suche nach einer Mehrheit für eine Pensionsre­form. Diese sieht etwa der Internatio­nale Währungsfo­nds als das zentrale Projekt Brasiliens.

 ?? [ AFP ] ??
[ AFP ]

Newspapers in German

Newspapers from Austria