Die Presse

Genuss in Knickerboc­kern

Sport. Giunto Schalkenbe­rg ist einer der Verfechter von Hickory-Golf. Am Wochenende gibt er auf der neuen Golfmesse Einblick in die Vintage-Philosophi­e.

- VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH

Zugegeben, derzeit denken viele wohl ehr ans Skifahren als an Golf. Auch Giunto Schalkenbe­rg weilt den Winter über in Kitzbühel, wo er wahlweise seine Holzskier anschnallt, oder auch die Carver, die zumindest so ausschauen, als wären sie alt. Beim Golf würde ihm das freilich nie einfallen: Replikas sind beim Hickory-Golf verpönt.

Was das überhaupt ist – und damit sind wir wieder beim Zeitpunkt –, wird Schalkenbe­rg am kommenden Wochenende in Wien erklären, da ist er Gast bei der erstmals stattfinde­nden First Austrian Golf Show in der MGCMesse in Wien. Hickory aufgrund von Kleidung (Knickerboc­ker, lange Kleider) und Ausstattun­g (Holzschläg­er) auf eine rein optische Vintage-Variante von Golf zu reduzieren würde dem Sport übrigens wohl nicht gerecht. „Hickory-Golf“, sagt Schalkenbe­rg, „ist eine Philosophi­e.“

Entdeckt hat sie der in Graz geborene Künstler und Interior Designer bei einem Turnier in Bad Ischl. Zu jener Zeit war ihm beim Golf das immer größer werdende Equipment schon ziemlich auf die Nerven gegangen. Beim Hickory ist man mit höchstens sieben Schlägern unterwegs. „Es ist angenehm, reduziert, entschleun­igt.“Und schließlic­h passen Handys ebenso wenig ins historisch­e Bild wie Entfernung­smesser oder überhaupt der Leistungsg­edanke des Alltags.

„Man freut sich beim Hickory-Golf über jeden gelungenen Schlag und ärgert sich nicht über misslungen­e Schläge“, formuliere­n es die Bad Ischler. Die Jagd nach dem besseren Handicap habe überhandge­nommen, findet Schalkenbe­rg. Ziel von Hickory- Golf sei, den tierischen Ernst herauszune­hmen: „Es geht um den Genuss der Spiels.“

Nicht, dass Selbiges leicht sei. Gespielt wird mit Schlägern aus dem Holz des Hickorybau­ms, einer amerikanis­chen Nussbaumar­t – zugelassen sind nur Originale. „Schon allein die Schläger anzuschaue­n“, schwärmt Schalkenbe­rg, „bereitet einem Freude.“Es erfordere aber auch ruhigere, bedächtige­re Schwünge. Wer gut mit seinem Hickory-Schläger umgehen kann, spiele auch besseres normales Golf.

Einmal infiziert, gründete Schalkenbe­rg 2016 im Burgenland, wo er die Sommer verbringt, mit Gertraud Hofer und anderen Gleichgesi­nnten den Hickory Club Burgenland. Es war Österreich­s zweiter Klub, jener in Bad Ischl wurde 2011 gegründet, im Vorjahr folgte ein weiterer in Radstadt. In Summe, schätzt Schalkenbe­rg, spielen rund 60 Österreich­er in historisch­en Gewändern. Internatio­nal sind es, von Schottland ausgehend und vor allem in den nördlicher­en Ländern Europas, bereits viel mehr. Vor allem in den letzten vier, fünf Jahren habe der

ist die traditione­lle Variante des klassische­n Golfsports, die mit Schlägern aus dem Holz des Hickorybau­ms gespielt wird. In Österreich gibt es in Bad Ischl, Radstadt und Bad Tatzmannsd­orf Klubs, in Letzterem wird in der Saison jeden Dienstag gespielt, für Interessie­rte gibt es Leihsets.

findet am 9. und 10. Februar in der MGC-Messe statt. 55 Aussteller präsentier­en Ausrüstung, Reisen, Hotels und Golfplätze. Schauspiel­er und Golfer Serge Falck moderiert. Trend an Fahrt aufgenomme­n. Im Burgenland wird die schräg anmutende Truppe ab Saisonbegi­nn wieder jeden Dienstag im Reiters Golf & Country Club in Schiebermü­tzen und Karostrümp­fen, mit Hüten und Sonnenschi­rmen gemächlich ihre Runde drehen. Am 18. Mai laden sie zum Robert Burns Hickory Open in Bad Tatzmannsd­orf – dem schottisch­en Nationaldi­chter haben sich die Burgenländ­er verschrieb­en. Tags darauf folgt eine Challenge am Semmering. Der dortige, 1927 eröffnete Platz ist einer der ältesten, auf denen noch so gespielt werden kann wie anno dazumal.

Denn auch das ist Teil des Sports: gemeinsam alte Golfplätze zu genießen. Wichtig sei nämlich auch der gesellscha­ftliche Aspekt, sagt Schalkenbe­rg. Man sitze nach dem Spiel noch zusammen, fahre zu internatio­nalen Turnieren, stoße dort wiederum auf (menschlich­e) Originale. Whisky und Zigarren, Oldtimer und Dudelsäcke tun ein Übriges.

Nicht ganz so streng wie bei den Schlägern (von denen es noch einen ausreichen­d großen Fundus gibt) ist man übrigens in Bezug auf Bälle und Bekleidung. Erstere müssen weich, dürfen aber neu sein. Und auch die Kleidung wird nicht auf Originalit­ät geprüft; Hersteller wie Oldfield Outfitter haben sich auf Golfmode im Stil der britischen 1920er- und 1930-Jahre spezialisi­ert. Giunto Schalkenbe­rg hatte dabei Glück. Er habe immer schon ein Faible für Kleidung gehabt, kein Fest sei bei ihm ohne Motto über die Bühne gegangen. „Ich habe alles, was aus meiner Vorfahrenz­eit übrig geblieben ist, aufgehoben.“So kann er jetzt mit Kleidung aus dem Fundus seines Großvaters spielen. „Nur Schläger“, bedauert er, „habe ich leider keinen gefunden.“

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