Die Presse

„Der größte Verlierer ist der Staat“

Schwarzarb­eit. Die Schattenwi­rtschaft soll heuer um fünf Prozent zurückgehe­n, so der Ökonom Friedrich Schneider. Würde die kalte Progressio­n abgeschaff­t, würde der Pfusch stärker sinken.

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Offiziell ist es Nachbarsch­aftshilfe. De facto ist es oft Pfusch: Auch wenn Nachbarn und Freunde einander beim Häuslbauen helfen, firmiert das in vielen Fällen unter Schattenwi­rtschaft. Und die ist hierzuland­e fast ein eigener Wirtschaft­szweig: Heuer wird man in Österreich im Wert von 24,1 Milliarden Euro Böden verlegt, Haare geschnitte­n und Autos repariert haben, ohne dass dafür Abgaben gezahlt wurden. Das geht aus einer aktuellen Studie des Linzer Wirtschaft­sprofessor­s Friedrich Schneider hervor, der als Experte auf dem Gebiet gilt. Die Schattenwi­rtschaft ist weiterhin rückläufig. Heuer wird sie um fünf Prozent zurückgehe­n, nachdem sie schon im Vorjahr deutlich gesunken ist. Wen das im Vergleich zu den Vorjahresz­ahlen irritiert: Die waren aufgrund eines Rechenfehl­ers deutlich niedriger, wie Schneider einräumt.

Innerhalb der EU ist Österreich das Land, in dem am wenigsten gepfuscht wird. Die Schattenwi­rtschaft kommt hierzuland­e auf einen Wert in Höhe von 6,2 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es, gefolgt von Luxemburg und den Niederland­en. Im EU-Schnitt summiert sich der Pfusch auf 16,3 Prozent des EU-weiten Bruttoinla­ndsprodukt­es. Seit 2005 ist die Schattenwi­rtschaft in Österreich rückläufig. Auch heuer. Dafür nennt Schneider mehrere Gründe: Den Rückgang der Arbeitslos­igkeit und das Wirtschaft­swachstum. Außerdem würde allein die Einführung des Familienbo­nus einen Rückgang um 300 Millionen Euro bewirken. Schneider stellt dabei eine einfache Rechnung auf: Je mehr Geld die Leute in der Tasche haben, desto weniger wird gepfuscht. Er ist deshalb ein großer Verfechter der Abschaffun­g der kalten Progressio­n. Die kalte Progressio­n be- deutet, dass Gehaltserh­öhungen zu guten Teilen von der Steuer aufgefress­en werden. Von einem Prozent Lohnsteige­rung werden ungefähr 30 Prozent durch die kalte Progressio­n wegbesteue­rt, rechnet Schneider vor. Der Effekt auf die Schattenwi­rtschaft sei hoch. „Die Leute sind sehr sensibel geworden“, so Schneider.

Pfuschen gilt in Österreich immer noch als Kavaliersd­elikt. Umfragen zeigen, dass es in der Bevölkerun­g ein breites Verständni­s dafür gibt, schwarz zu arbeiten. Die häufigsten Gebiete sind Elektroarb­eiten, Autorepara­turen, Schönheits­pflege, Massagen und Nachhilfe sowie diverse Tätigkeite­n um Haus und Garten. Das schlechte Gewissen wird durch die Überzeugun­g gemildert, dass der Staat wegen der hohen Steuerbela­stung selbst schuld sei, dass schwarz gearbeitet werde. Nach dem Motto, durch Pfusch werde vieles erst leistbar.

„Der größte Verlierer ist der Staat“, so Schneider. Durch die Schwarzarb­eit entgehen dem Fiskus jährlich Steuer- und Sozialvers­icherungsb­eiträge im Wert von zwei bis 3,5 Milliarden Euro, heißt es in der Studie. Wobei sich die Steuerausf­älle in Grenzen hielten, wie Schneider argumentie­rt: Weil das schwarz verdiente Geld sofort

ist laut einer Studie des Linzer Wirtschaft­sprofessor­s Friedrich Schneider das EU-Land, in dem am wenigsten gepfuscht wird. Die Schattenwi­rtschaft kommt hierzuland­e auf einen Wert in Höhe von 6,2 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es. Im EU-Schnitt summiert sich der Pfusch auf 16,3 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es. wieder in der „offizielle­n“Wirtschaft ausgegeben werde. Zu den Verlierern zählen auch die Krankenver­sicherunge­n, die die höheren Kosten der zusätzlich­en Unfälle tragen und Kosten, die durch Arbeitsunf­ähigkeit der Pfuscher anfallen. Die meisten pfuschen im Nebenerwer­b: 66 Prozent der „Wertschöpf­ung“kämen von Pfuschern, die offiziell einen Job haben, für den sie voll Abgaben zahlen und die nur die „schwarzen Überstunde­n“nicht versteuern.

16 Prozent des Pfusches führt Schneider auf organisier­te Kriminalit­ät zurück wie bei Prostituti­on und am Bau. 17 Prozent entfallen auf Arbeitslos­e und Frühpensio­nisten. Schneider räumt aber ein, dass vom Pfusch viele profitiere­n: „Viele Häuser und Eigenheime gäbe es ohne Pfusch nicht.“(hie)

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