Die Presse

So sieht das Volk die politische Trendumkeh­r

Das politische Meinungskl­ima hat sich in Österreich nach rechts verschoben. Vertrauen in die EU und die Politik ist gestiegen.

- VON ANDREAS KHOL

Das vergangene Jahrzehnt war turbulent: Große Koalition 2006, Finanz-, Euro- und Migrations­krise, Regierungs­wechsel in Österreich, Brexit, Donald Trump. Und was meint das Volk dazu? Wie sieht es unsere Reise in die Zukunft? Paul Eiselsberg vom Linzer Imas-Institut hat in seinem Buch „Status Österreich“(edition a) dem Volk „aufs Maul geschaut“(Martin Luther): Wie haben die Umwälzunge­n bis zur Nationalra­tswahl 2017 die Überzeugun­gen im Lande verändert?

Von 2006 bis 2016 sah die Hälfte der Österreich­er mehr Nachteile in der EU-Mitgliedsc­haft, nur wenig mehr als ein Viertel war von den Vorteilen überzeugt. Europa war der Mehrheit nicht wichtig. Die Sicherheit­slage wurde immer dramatisch­er eingeschät­zt und das bei gleichblei­bender Kriminalit­ät.

Die Wirtschaft­slage wurde zunehmend skeptische­r gesehen. Das Vertrauen in Politik und Par- teien wurde geringer – und erreichte 2016 einen Tiefpunkt. Dabei blieb das politische Interesse bis heute verhältnis­mäßig hoch: Stets beschäftig­ten sich 40 Prozent der Österreich­er mit der Politik. 2012 waren sich nur 23 Prozent der Bevölkerun­g einer Partei sicher, 45 Prozent mit keiner Partei wirklich einverstan­den, 39 Prozent mit allen Parteien sehr unzufriede­n.

Die Orientieru­ngslosigke­it stieg angesichts des Phänomens „gefälschte­r Nachrichte­n“(Fake News) nachhaltig auf eine starke Mehrheit in der Bevölkerun­g: Zwei Drittel sind bis heute unsicher, was richtig und falsch ist in Wirtschaft und Politik. Vielleicht auch Ergebnis der Fälschunge­n im österreich­ischen Nationalra­tswahlkamp­f (verbunden mit dem Namen Tal Silberstei­n) und bei den Präsidents­chaftswahl­en in den USA. Die Jahre 2006 bis 2016 wurden von vielen als Jahre des Stillstand­s gesehen. So konnten die Meinungsfo­rscher 2016 einen großen Wunsch nach Veränderun­g messen.

Gleichzeit­ig erlebten traditione­ll bürgerlich­e Werte eine Renaissanc­e. Deutlicher Ausdruck ist die Verwendung des Begriffs „Heimat“und das Bekenntnis dazu: lange Jahre als fast faschistis­cher Begriff verunglimp­ft, bekennen sich heute 92 Prozent dazu. Dem Zentralism­us in Europa und in Österreich wurde zunehmend die Subsidiari­tät auf allen Ebenen entgegenge­setzt und von der Mehrheit forciert. Weniger Aufgaben nach Europa, mehr Föderalism­us innerhalb Österreich­s, mehr Mittel und Aufgaben für die Gemeinden.

„Von Europa erwartet man nur in jenen Fragen wirksame Hilfe, die von einem Staat allein nicht selbst erledigt werden können!“Vor allem in der Meisterung der Probleme mit der illegalen Einwanderu­ng. Diese ist unangefoch­ten nach wie vor das stärkste politische Thema, trotz des starken Rückgangs der Zahlen. Eine liberalere Einwanderu­ngspolitik

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